Pfaffenpfeffer – so nennt sich das Pfarrerkabarett des Evangelischen Kirchenbezirks Göppingen. Die Gruppe mit zwei Pfarrerinnen, drei Pfarrern und einem Pianisten ist in dieser Form wohl einzigartig in Württemberg. Mit geistreich satirischen Spitzen und scharf gewürzten Kommentaren gegen nervtötende Bürokratie oder Reformhast von Kirche und Politik nehmen sie seit 2005 den Pfarreralltag aufs Korn – zur Freude ihres Publikums.
Ihre Auftritte sind oft bereits Wochen vorher ausverkauft, dennoch kündigt die Kabarettgruppe jetzt ihren Bühnen-Abschied an. „Im Pfarrhaus brennt noch Licht“ heißt das letzte Pfaffenpfeffer-Programm. Dieses Licht wird im November 2020 letztmals leuchten – bei einem Abschiedsabend im Blumhardt-Haus.
Warum kündigen Sie Ihren Abschied an? Sind die Pfaffen etwa des Spotts überdrüssig?
Klaus Steiner-Hilsenbeck: Nein, wir sind nicht des Spotts überdrüssig. Aber wir alle kennen diese endlosen Abschiedstourneen. Das Schlimmste ist, wenn die Leute dann sagen: ‚Jetzt könntet se mol langsam uffheira’. Es war Walter Scheck, der älteste von uns, der meinte, es sei an der Zeit aufzuhören. Hinzu kommt, dass mein Sohn Mathis Hilsenbeck, unser Pianist, noch zwei Jahre Kirchenmusik studiert, und wer weiß, wo es ihn dann hinverschlägt.
Wie kam es überhaupt zur Gründung von Pfaffenpfeffer?
Dietmar Scheytt-Stövhase: Ich habe 2003 mit Solokabarett angefangen. Eines Tages kam unser Dekan Dieter Kunz auf mich zu und fragte, ob wir nicht gemeinsam ein Pfarrerkabarett machen könnten, was wir denn auch seit 2005 in wechselnder Besetzung tun. Seit 2009 ging es in die Breite, wir hatten immer mehr Auftritte und erarbeiteten alle zwei Jahre ein neues Programm.
Die letzte Vorstellung ist im Herbst 2020. Abschiedsschmerz wird da heute noch keiner aufkommen, oder?
Steiner-Hilsenbeck: Nein, aber wenn wir dann Abschied feiern im Blumhardt-Haus, wo alles begonnen hat, wird man wohl Taschentücher austeilen müssen.
Scheytt-Stövhase: Da werden wir auch alle Weggefährten einladen.
Nach der ausverkauften Premiere in Dürnau geht es weiter in Horkheim, Heilbronn und Weil der Stadt. Ist das Interesse dort inzwischen größer als im eigenen Landkreis?
Steiner-Hilsenbeck: Wir spielen schon auch noch im Landkreis, etwa im Herbst in Donzdorf, und im neuen Jahr im Uditorium und bei der Rätsche.
Scheytt-Stövhase: Dass so viele Termine in der Heilbronner Gegend sind, liegt daran, dass Carola Kittel dort Pfarrerin ist. Wir werden übrigens auch bei der Bundesgartenschau auftreten.
Steiner-Hilsenbeck: Und wenn wir in Horkheim auftreten, dann kommen 700 bis 800 Besucher.
Scheytt-Stövhase: Das ist, wie im Bernabeu-Stadion zu spielen – vor so vielen Leuten. Allein mit den drei Auftritten dort haben wir 20 000 Euro für einen guten Zweck eingespielt. Das war auch unsere Motivation, als Christen mit unseren Gaben andere zu unterstützen.
Pfaffenpfeffer-Auftritte sind oft Wochen vorher ausverkauft, am Ende des Programms gibt es Beifallsstürme. Wo ist das Publikum denn besonders stürmisch?
Scheytt-Stövhase: Das ist vor allem in Weinbaugebieten. Ich bin durch mein Solokabarett viel im Land unterwegs, aber das fällt schon auf. Und in katholischen Gemeinden, die sind grundsätzlich ein Selbstläufer. Die Menschen sind da vielleicht nicht so misstrauisch wie die schwäbischen Pietisten. Und das meine ich nicht negativ. Ich bin auch eher introvertiert. Wenn mich mein Sitznachbar im Kabarett beobachtet, denkt er wahrscheinlich: Dem gefällt’s nicht. Aber ich amüsiere mich bestens.
Walter Scheck hat mal in einem Interview gesagt: „Wenn wir uns selbst und unsere Arbeit mal aus der Distanz und mit Humor aufs Korn nehmen – dann wirkt das total befreiend.“ Das klingt nach Selbsttherapie. Machen Sie womöglich Kabarett nicht fürs Publikum, sondern für sich selbst?
Steiner-Hilsenbeck: Wer will’s trennen? Warum geht man auf die Bühne...
Scheytt-Stövhase: Da hab ich bei mir schon eine Veränderung bemerkt. Am Anfang war ich stolz, auf der Bühne zu sein. Inzwischen denke ich: Das hab ich erlebt, ich brauche es nicht mehr. Jetzt mache ich es aus reinem Spaß.
Steiner-HIlsenbeck: Zuspruchsüchtig sind wir nicht. Und manchmal müssen wir auf der Bühne selber mitlachen.
Scheytt-Stövhase: Wir spielen das schon auch für uns selber.
In ihrem Reformationsprogramm fragten sie provokant: Alles in Butter mit Luther? Und: Außer Thesen nichts gewesen? Da machen Sie sich bei eher engstirnigen Pietisten wenig Freunde.
Scheytt-Stövhase: Das begegnet uns immer wieder, mir auch, obwohl ich selber eher pietistisch verortet bin. Den Leuten sag ich dann, dass Humor eine Gabe Gottes ist und die Leichtigkeit des Seins auch dazu gehört.
Steiner-Hilsenbeck: So zwei, drei Mal in diesen Jahren gab es Leserbriefe. Unter anderem entzündete sich der Unmut an unserem Namen Pfaffenpfeffer, andere griffen Walter Scheck an, was aber dann wieder sehr wohlmeinende Briefe zur Person Walter Scheck nach sich zog.
Scheytt-Stövhase: Wer uns schon gesehen hat, weiß, dass wir keine böse Kritik machen, sondern versuchen, mit liebevollen Blicken humorvoll auf den Kirchenalltag zu schauen. Wir schließen auch jedes Programm mit einem Lied: ‚Wir haben unseren Glauben, der macht uns frei und froh’, heißt es da am Schluss. Das ist unser Motto.
Wer kam denn auf die Idee, ein Reformationsmedley aus alten Schlagern auf die Bühne zu bringen?
Steiner-Hilsenbeck: Das war die Idee von Dekan Dieter Kunz. Das ist eher was für die ältere Altersgruppe, die noch Conny Froboess’ „Zwei kleine Italiener“ mitsingen kann. Die Jüngeren kennen diese Schlager gar nicht mehr.
Wie entsteht so ein Programm? Trägt jeder im Stuhlkreis seine Ideen vor, und dann wird alles bunt gemischt?
Scheytt-Stövhase: Das machen wir alles gemeinsam. Natürlich hat sich so was wie eine Struktur herausgebildet. So eröffnet Walter Scheck immer den Abend und stellt mit seinem Schwäbisch die Bindung zum Publikum her, dann komme ich mit einer Einzelnummer, Carola Kittel schreibt was für uns zusammen, und so geht es dann weiter.
Steiner-Hilsenbeck: Wir sind ja keine Profis, die da Monate lang üben. Da wird viel improvisiert. Die gemeinsamen Szenen, etwa aus dem Kirchengemeinderat, kennen wir schon, aber ich weiß bei der Premiere nicht, was der eine oder die andere für eine Solonummer bringt. Das ist für uns dann schon spannend.
Gepfefferter Witz und viel Selbstironie
Pfaffenpfeffer Mit gepfeffertem Witz und einer gehörigen Portion Selbstironie beleuchten die Kabarettisten der Kabarettgruppe Pfaffenpfeffer seit 2005 die Höhen und Tiefen ihres Berufslebens und Ihrer Gemeinden. Kirchliche und weltliche Autoritäten bekommen ebenso ihr Fett ab wie merkwürdige Auswüchse des Gemeindelebens. „Zielsicher bewegen sie sich zwischen den Höhen der Bergpredigt und den Niederungen des Stammtisches“, sagen sie über sich selber. Sie haben viel Freude am Rollenspiel, etwa wenn Mechthild Fritz als Ritualdesignerin mit neuen Kreativ-Ideen zu Hochform aufläuft. Das geht dann so weit, dass zur Reaktivierung der guten alten Weihnachtszeit Schneekanonen fürs Fest gefordert werden.
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Zu den Personen
Dietmar Scheytt-Stövhase, geboren 1959 in Vaihingen-Ensingen, ist seit November 2007 evangelischer Gemeindepfarrer in Albershausen. Der Theologe ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.
Klaus Steiner-Hilsenbeck, geboren 1949 in Reutlingen, drei Kinder, hat mehr als 20 Jahre die evangelischen Kirchengemeinden Dürnau und Gammelshausen betreut.
Termine für das Abschiedsprogramm
Ausverkauft Für die Premiere des neuen Programms „Im Pfarrhaus ist noch Licht“ am Freitag, 22. März, in der Kornberghalle Dürnau gibt es keine Karten mehr. Weitere Kabarettaufführungen sind am 8. November 2019 im evangelischen Gemeindehaus Donzdorf, am 8. Februar 2020 im Uhinger Uditorium, am 3. April 2020 bei der Rätsche in Geislingen und zum Abschluss im November 2020 im Göppinger Blumhardt-Haus.