Den Tag nach der Bundestagswahl hat Heike Baehrens im Wahlkreis verbracht. „Heute Abend ist Kreisvorstandssitzung“, erklärte die SPD-Politikerin am Montagnachmittag. Da werde man auch das Wahlergebnis und die jüngste Entwicklung in Berlin besprechen. Heute reist sie in die Hauptstadt. Dort befürchtet sie, auf eine veränderte Kultur zu stoßen. „Es gibt mehr Fraktionen, aber vor allem eine Veränderung der Sprache“, sagt sie mit Blick auf die AfD. Das seien Leute, die eigentlich gegen alles sind: „Die sind nicht wirklich politikfähig, weil sie die Haltung haben, dass Kompromisse Fehler sind.“
Dass in der SPD gleich nach der Wahl Andrea Nahles zur künftigen Fraktionschefin ausgerufen wird, geht der wiedergewählten Abgeordneten etwas zu schnell. „Ich hätte mir gewünscht, dass die Fraktion erst einmal über das Wahlergebnis diskutiert.“ Erst über personelle Konsequenzen zu reden, hält Baehrens „für die falsche Reihenfolge“.
Ihr Resultat im Kreis – Baehrens zog über die Landesliste ihrer Partei wieder in den Bundestag ein – vergleicht sie mit dem Konkurrenten Hermann Färber (CDU), der im zweistelligen Bereich Prozentpunkte verloren hat. Der Abstand zu ihm – dem erneuten Gewinner des Direktmandats – sei geringer geworden. Zudem liegt sie deutlich über dem Ergebnis der Landes-SPD: „Ich stehe nicht schlecht da.“ Und kommt zum Ergebnis: „Ich bin nicht völlig unzufrieden.“
Auch Hermann Färbers Gefühle schwankten am Montag zwischen Freude und Nachdenklichkeit. Für seine erdrutschartigen Verluste sieht er mehrere Gründe: Einerseits könne er sich dem bundesweiten Trend nicht entziehen – viele CDU-Wähler wanderten zu AfD und FDP ab – andererseits sei er von einem sehr hohen Niveau – 49 Prozent im Jahr 2013 – gekommen. Zudem sei er ein Politiker, der ehrlich Position beziehe: „Da muss ich damit leben, dass Wähler auch weggehen.“ Zum Abschneiden seiner Partei meinte er: „Wir müssen schauen, was wir anders machen müssen, aber auch unseren Überzeugungen treu bleiben.“
Die AfD habe das Thema Flüchtlinge vor der Wahl „richtig hochgekocht“, obwohl mittlerweile die Zahl der Flüchtlinge drastisch gesunken sei. Zudem habe die AfD „verschwiegen“, dass es sehr viele Gesetzesänderungen gegeben habe, „doch diese Asylpakete waren nicht in der öffentlichen Wahrnehmung“.