Noch vor kurzem wollte die Firmenleitung Berichte über einen Börsengang bereits im Herbst weder bestätigen noch dementieren. Nun ließ Teamviewer die Katze aus dem Sack. Das Göppinger Unternehmen, das nach Angaben aus Finanzkreisen mit vier bis fünf Milliarden Euro bewertet wird, strebt tatsächlich einen Börsengang im Herbst an, bestätigte Firmenchef Oliver Steil gegenüber der NWZ. „Ich denke, der Börsengang ist der richtige Weg für uns“, erklärte der Manager. Dies hänge vor allem mit dem Produktangebot zusammen. Teamviewer sei als führende Plattform zur Vernetzung von Geräten aller Art und mit unterschiedlichen Betriebssystemen sehr gut aufgestellt und agiere international. Steil: „Da ist es am besten, wenn man unabhängig und eigenständig ist.“

Rockenhäuser: „Wir sind von dem enormen Wachstumspotenzial überzeugt“

Der Londoner Finanzinvestor Permira, der Teamviewer vor fünf Jahren für 870 Millionen Euro erworben hat, möchte einen Teil seiner Anteile wieder verkaufen. Permira-Chef Jörg Rockenhäuser sieht in dem Börsengang „einen bedeutenden Schritt“ für Teamviewer. „Wir sind sehr stolz darauf, das Team in den vergangenen fünf Jahren dabei unterstützt zu haben, diese  ‚Tech-Erfolgsgeschichte made in Europe’ zu schreiben.“ Auch nach dem Börsengang bleibe Permira als Großaktionär weiter stark engagiert“, betont Rockenhäuser. „Wir sind von dem enormen Wachstumspotenzial überzeugt, das auf der Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten, dem Zuwachs an Neukunden und der globalen Expansion basiert.“

Teamviewer hat insgesamt rund 800 Mitarbeiter

Teamviewer mit Sitz in Göppingen und rund 800 Mitarbeitern ist eine weltweit führende Plattform zur Vernetzung von Geräten. Mit seiner Software ermöglicht das Unternehmen den Nutzern, sich jederzeit und überall zu verbinden. Dabei zählt man zahlende Kunden in rund 180 Ländern. Das 2005 von Thilo Rossmanith in Uhingen gegründete Unternehmen kann jeden Computer, jeden Laptop, jedes Tablet, jedes mobile Gerät oder jeden IoT-Endpunkt verbinden und ermöglicht so Interaktionen zwischen diesen Geräten. Offenbar mit riesigem Erfolg: Die Software wurde bislang auf mehr als zwei Milliarden Geräten installiert. Im Jahr 2018 war Teamviewer auf 340 Millionen Geräten aktiv, davon waren bis zu 45 Millionen Geräte gleichzeitig online. Der Markt für die Produkte des Göppinger IT-Unternehmens soll laut einer aktuellen Studie von 10,3 Milliarden Euro im Jahr 2018 um jährlich 24 Prozent auf über 30,2 Milliarden Euro im Jahr 2023 wachsen. „Wir wollen uns verstärkt im asiatischen Raum engagieren und haben vier Büros in China, Japan, Indien und Singapur eröffnet, um auf diesen Wachstumsmärkten Präsenz zu zeigen“, betont CEO Oliver Steil. „China ist in der industriellen Vernetzung und im Bereich Internet der Dinge eine führende Region und wir bieten die entsprechende Software-Anwendungen dafür.“ Ein Beispiel für eine Neuentwicklung ist das kürzlich eingeführte Augmented-Reality-Produkt Teamviewer Pilot, das eine Live-Beratung ermöglicht, ohne dass Experten vor Ort sein müssen. Dabei ist die Software-Schmiede nicht auf das Geld aus dem Börsengang angewiesen. „Teamviewer ist ja hochprofitabel und finanziert sein Wachstum aus dem Cashflow, wir brauchen für unsere Wachstumsstrategie keine Kapitalerhöhung.“

Teamviewer erwartet Wachstum von 35 bis 39 Prozent

Möglichen Befürchtungen, der Börsengang könnte sich ungünstig auf den Standort Göppingen auswirken, nimmt der Manager den Wind aus den Segeln. „Teamviewer wird am Standort Göppingen bleiben“, betont Steil. „Hier ist unser Firmensitz und unser größter Standort, an dem wir rund 400 Mitarbeiter beschäftigen.“ Dieses Jahr erwarte man ein Wachstum von 35 bis 39 Prozent. Um dieses Wachstum noch weiter voranzutreiben, wolle man unter anderem weitere Kundensegmente erschließen und in Wachstumsmärkten expandieren. Der Firmenchef: „Schön für die Mitarbeiter wäre natürlich, wenn als Ergebnis aus dem Börsengang aus dem Hidden Champion ein Public Champion würde.“

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