„Man kann die Wohnraumversorgung nicht dem Markt überlassen. Das ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Land und Kommunen“, forderte Udo Casper, Vorsitzender des Deutschen Mieterbunds Esslingen-Göppingen und Landesgeschäftsführer des Deutschen Mieterbundes, bei einem Fachtag der Freien Wohlfahrtsverbände. Casper zitierte aus der aktuellen Prognos-Studie, die die Misere deutlich mache: Im Jahr 2015 fehlten 88 000 Wohnungen im Land, im Jahr 2018 seien es sogar 150 000 – „und zwar flächendeckend, nicht nur in Ballungszentren“. Im Landkreis Göppingen fehlten nahezu 5000 Wohnungen.
Die wachsende Nachfrage sorge für steigende Mieten, und diese hohe Mietbelastung trage wiederum zu einer vermehrten Ungleichheit bei, nannte Casper die Folgen des Trends. Der Quadratmeter-Preis bei einer Drei-Zimmer-Wohnung in Göppingen liege bei elf Euro – plus Nebenkosten. „Das ist schon schwierig bei einem Durchschnittseinkommen“, sagte Casper. „Immer mehr Menschen wohnen sich arm.“ Nach Abzug der Miete plus der Nebenkosten lägen viele Menschen mit dem restlichen ihnen zur Verfügung stehenden Geld unter dem Hartz-IV-Regelsatz. Nur um das monatliche Wohnen zu bezahlen, stürzten sich immer mehr Menschen in Schulden, verdeutlichte Udo Casper.
Der Vorsitzende des Mieterbundes, der sich als Sprachrohr aller Mieter sieht, hatte aber auch Lösungen parat: Wichtig sei der soziale Wohnungsbau: „Es werden nicht genügend gebaut.“ Das Problem sei, dass es an preisweitem Bauland fehlt. Bodenpolitik und Wohnungspolitik hingen eng zusammen. Ein probates Mittel: das Bodenrecht reformieren, schlug Casper vor. „Es ist wichtig, dass nicht spekuliert werden kann“, betonte er, eine Reform der Grundsteuer sei daher unabdingbar. Städte und Gemeinden seien zudem gefordert, genügend Bauland auszuweisen, die Innenverdichtung reiche da nicht aus.
Fonds „eine Mogelpackung“
Von Vorteil sei es natürlich, wenn die Kommune Eigentümer sei und festlegen könne, was gebaut wird. Da aber nicht jede Kommune aus finanziellen Gründen von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen könne, müsse der extra vom Land bereitgestellte Fonds mit mehr Mitteln ausgestattet werden. Derzeit sei dieser Fonds „eine Mogelpackung“, eine Geldquelle, „die bald austrocknen wird“, prophezeite er.
„Langfristig muss mehr Wohnbauförderung her“, forderte Casper. Hier müsse das Land nachbessern, bisher trage der Bund den Löwenanteil. Aber auch ordnungspolitische Maßnahmen seien notwendig, „die verhindern, dass Wohnen ein Luxusgut wird“. Die bisher schon wirkungsvolle Mietpreisbremse müsse weiter verschärft werden: „Sie muss zeitlich unbegrenzt und bundesweit gültig sein. Es darf keine Ausnahmen geben und Sanktionen bei Verstößen“, nannte Casper ganz konkrete Lösungsvorschläge. Dringenden Handlungsbedarf sieht er auch beim Mietspiegel: Er müsse gestärkt werden und die Datenbasis der Erhebung auf zehn Jahre erweitert werden.
Der Vorsitzende des Mieterbundes nannte zum Abschluss noch eine weitere Möglichkeit, Mieter zu unterstützen: Die Modernisierungs-Mieterhöhung müsse reduziert werden. Die geltende Regelung sieht vor, dass bei Investitionskosten in Höhe von 30 000 Euro elf Prozent (das entspricht 275 Euro mehr) auf den Mieter umgelegt werden, neu sind acht Prozent (200 Euro). Der Deutsche Mieterbund fordert eine Absenkung auf vier Prozent, das wären nur noch 100 Euro mehr Miete. „Da gibt es die Gelegenheit, bei dem Gesetzentwurf nochmal nachzujustieren.“