Wenn bei Raimund Matosic das Handy in einem bestimmten Modus klingelt, befindet er sich in Alarmbereitschaft. Matosic ist einer von 244 Ersthelfern, auf deren Smartphone die „corhelper“-App installiert und freigeschaltet ist. Wenn die sich meldet, dann bedeutet das für ihn, dass sich innerhalb eines Umkreises von etwa drei- oder vierhundert Metern von seinem aktuellen Standort entfernt jemand in Lebensgefahr befindet. Also jemand, der bewusstlos ist und nicht mehr atmet.
Das ist eine Situation, bei der es auf jede Minute ankommt. „Bei einem Herzkreislaufstillstand sinkt die Überlebenschance um circa zehn Prozent pro therapiefreier Minute“, betont Matosic. Der Rettungsassistent weiß das aus Erfahrung, ist er doch seit 20 Jahren ehrenamtlicher Bereitschaftsleiter beim Ortsverein Geislingen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und seit Anfang dieses Jahres Bereitschaftsleiter im DRK-Kreisverband.
„corhelper“-App aktiviert Helfer für den medizinischen Notfall
Die Einführung der „corhelper“-App ist ein Pilotprojekt des DRK-Kreisverbandes Göppingen und den Alb-Fils-Kliniken (AFK). Bei dieser App handelt es sich um eine spezielle Software, die mit dem Einsatzleitrechner der Integrierten Leitstelle verbunden ist. Geht dort ein Notruf ein, weil das Leben eines Menschen bedroht ist, wird automatisch die App bei denjenigen registrierten Ersthelfern aktiviert, die sich in unmittelbarer Nähe des Einsatzortes befinden. Diese leisten dann bei einem ohnmächtigen Patienten erste Hilfe mit einer Herzdruckmassage, bis der Notarzt kommt.
244 registrierte Ersthelfer gibt es aktuell in dem seit Oktober bestehenden Projekt im Landkreis. Es sind DRK-Aktive vom zertifizierten Ersthelfer bis zum Notfallsanitäter sowie Ärzte, Notärzte und Pflegepersonal der Alb-Fils-Kliniken. „Das ist aber erst die erste Phase. Der Kreis soll so schnell wie möglich erweitert werden“, betont Raimund Matosic. In einer zweiten Phase werden deshalb Angehörige anderer Hilfsorganisationen wie der Feuerwehr, der Polizei, des Technischen Hilfswerks, der Malteser, der Johanniter und des Arbeiter-Samariter-Bundes angefragt, ob sie mitmachen und sich die „corhelper“-App installieren und freischalten lassen. In Phase 3 schließlich können sich auch qualifizierte Laien als Ersthelfer registrieren lassen.
Ersthelfer überbrücken Zeit, bis der Notarzt kommt
Je dichter das Netz aus Ersthelfern gewoben wird, desto eher findet sich für einen vom Tod bedrohten Patienten jemand, der sich schnell um ihn kümmert und die Zeit bis zum Eintreffen des Notarztes mit qualifizierten Wiederbelebungsmaßnahmen überbrückt.
Für Raimund Matosic ergänzt das „corhelper“-Projekt das seit Jahren bestehende, erfolgreiche DRK-Helfer-vor-Ort-System. Es erweitert es dadurch, dass nicht nur DRK-Helfer für die schnelle Notfallhilfe zur Verfügung stehen, sondern zahlreiche weitere Ersthelfer. „Die Helfer vor Ort kommen mit Material-Rucksack und oft auch mit Defibrillator zu Patienten und führen erweiterte Hilfe auch bei Notfällen wie Unterzucker, häuslichen Unfällen oder etwa bei einem Verkehrsunfall durch“, macht er deutlich. Er findet es schade, dass nur etwa 25 bis 30 Prozent der Deutschen zu qualifizierter erster Hilfe in der Lage sind. „In Skandinavien sind das 70 bis 80 Prozent“, sagt er deutlich und appelliert an alle, regelmäßig Erste-Hilfe-Kurse zu belegen.
Momentan gehört der Landkreis Göppingen zu den noch wenigen Landkreisen im Bundesgebiet, die die „corhelper-App“ eingeführt haben. Matosic macht darauf aufmerksam, dass alle am Pilotprojekt beteiligten Landkreise mit demselben System arbeiten – mit der Folge, dass registrierte Ersthelfer auch woanders in Deutschland als Helfer erkannt und im Notfall angefragt werden können. „Das ist eine Super-Sache, je mehr sich daran beteiligen“, findet Matosic.
Weil das Projekt jedoch weder durch staatliche Stellen noch durch Krankenkassen finanziert wird, bitten die Alb-Fils-Kliniken und der Kreisverband Göppingen des DRK die GZ-Leser im Rahmen der GZ-Weihnachtsaktion um Unterstützung zur Finanzierung der App.