Der Oberbürgermeister von Stuttgart kandidiert im November kein zweites Mal: Das hat Fritz Kuhn (Grüne) am Dienstagvormittag in einer Pressekonferenz bekannt gegeben. Anlass dafür seien persönliche Gründe. Der 64-Jährige erklärte, dass er am Ende einer zweiten Amtszeit 73 Jahre alt gewesen wäre. In dem Alter frage man sich, ob man noch einmal etwas anderes machen wolle.

OB Fritz Kuhn überrascht mit seiner Entscheidung

Diese Entscheidung kommt sehr überraschend: Beobachter des Geschehens in Stuttgart hatten erwartet, dass Kuhn noch einmal antritt. Er hatte das Amt am 7. Januar 2013 angetreten. Er war damals der erste Grünen-OB einer Landeshauptstadt.
Kuhn ist Gründungsmitglied der Grünen, ehemaliger Grünen-Bundesparteichef, und er leitete früher die Grünen-Fraktionen im Landtag in Stuttgart und im Bundestag.

In Stuttgart noch viele OB-Projekte offen

Kuhn hinterlässt viele noch nicht abgeschlossene Projekte, deshalb war eigentlich mit einer erneuten Kandidatur gerechnet worden. Der Grünen-Politiker hatte bei seinem Amtsantritt den Wohnungsmangel in der Landeshauptstadt „zur Chefsache erklärt“, die Immobilien- und Mietpreise steigen aber in wenigen Städten so stark wie in Stuttgart. Er hatte das zurückgehende, aber nach wie vor deutliche Feinstaub- und Stickoxid-Problem in den Griff bekommen wollen. Außerdem muss der Neubau des Lindenmuseums mit seinen ethnografischen Sammlungen auf den Weg gebracht werden, über die milliardenschwere Opernhaus-Sanierung ist auch noch nicht entschieden. In die kommende Amtszeit würde auch der bislang geplante Abschluss des Bahn-Großprojekts Stuttgart 21 fallen.

OB-Wahl in Stuttgart am 8. November

In Stuttgart können die Grünen bei der Abstimmung am 8. November 2020 auf ihr starkes Abschneiden bei der jüngsten Kommunalwahl bauen. Im vergangenen Mai hatte die Partei die CDU im Gemeinderat überholt und war stärkste Kraft geworden. Kuhn musste allerdings auch Kritik als Stadtoberhaupt einstecken. Bei einer Forsa-Umfrage im Mai 2018 stellten ihm rund 56 Prozent der Stuttgarter ein nur mäßiges Zeugnis aus und zeigten sich unzufrieden mit seiner Amtsführung.
CDU und SPD haben sich bislang nicht zu eigenen Kandidaten im Rennen um das Rathaus geäußert. Einzig Marian Schreier, der SPD-Bürgermeister von Tengen im Kreis Konstanz, hat bereits als Bewerber seinen Hut in den Ring geworfen. Er kann aber derzeit nicht auf die Unterstützung des Kreisvorstands der SPD Stuttgart zählen.

Fritz Kuhn: Sein Weg vom Landtag über den Bundestag ins Rathaus

Kuhns Lebenslauf im Schnelldurchlauf:
- Geboren am 29. Juni 1955 in Bad Mergentheim
- Aufgewachsen in Memmingen
- Studium der Germanistik und Philosophie in München und Tübingen, Abschluss 1980
- Im selben Jahr Gründungsmitglied der Grünen. Zuvor war Kuhn SPD-Mitglied. Die Partei verlässt er aber 1978 aus Protest gegen die Politik des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt.
- 1984 bis 1988, 1992 bis 2000: Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg, Fraktionsvorsitzender der Grünen
- 2002 bis Januar 2013: Bundestagsabgeordneter
- 2000 bis 2002: Bundesvorsitzender der Grünen, gemeinsam mit Renate Künast und ab 2001 mit Claudia Roth
- ab 2005 mit Renate Künast Grünen-Fraktionsvorsitzender im Bundestag
- 21. Oktober 2012: Wahl zum Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart
- 7. Januar 2013: Amtsantritt als Oberbürgermeister. Kuhn scheidet aus dem Bundestag aus.
- Kuhn ist verheiratet und hat zwei Söhne.