Für viele Kinder und Erwachsene ist Silvester ohne Feuerwerkskörper undenkbar. Die Freude an der fröhlichen Knallerei teilen aber nicht alle. Für Tierhalter und ihre Hunde, Katzen oder Karnickel bedeutet der Jahreswechsel oft vor allem eines: viel Stress. „Es gibt Tiere, die sind ein zitterndes Häufchen Elend an Silvester“, sagt Alfred Maier, Tierarzt aus Ehingen. Egal ob Heim- oder Wildtier – die Natur sei nicht auf die Knallerei eingestellt.
Jedes Jahr berät Maier viele Hunde- und Katzenbesitzer, wie sie mit Baldrian oder anderen Beruhigungsmitteln helfen können. „Doch das Problem ist: Geballert wird oft vom 30. Dezember bis in den Januar hinein – man kann sein Tier nicht drei Tage lang ruhigstellen“, sagt der Veterinär. Auch seine eigene Katze sei ihm schon einmal an Silvester aus Angst weggelaufen und blieb tagelang verschwunden.

Hinfahren, wo kein Lärm ist

„Manchmal hilft nichts anderes, als mit seinem Hund auf die Autobahn zu fahren, wo kein Lärm ist“, sagt Hundetrainerin Ines Hinz aus Emerkingen zur ihren Kunden, die mit ängstlichen Hunden zu ihr kommen. Sie empfiehlt aber zunächst, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, sondern den Hund mit Hilfe eines Hundetrainers behutsam an die ungewöhnlichen Geräusche und Gerüche zu gewöhnen.
In ihrer Hundeschule „Para-dogs“ setzt sie im Training – in gebührendem Sicherheitsabstand zu den Tieren – immer wieder Wunderkerzen oder Tischfeuerwerk ein, um Schritt für Schritt die Angst zu nehmen. Dazu bekommen die Hunde Leckerlis und Streicheleinheiten, damit sie die Geräuschkulisse an Neujahr und den Schwarzpulvergeruch mit etwas Angenehmen verbinden. Doch das brauche viel Zeit. „Für so ein Training ist es kurz vor Silvester zu spät.“

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Wichtig: Nähe zur Bezugsperson

Was den besten Freund des Menschen angeht, sei eines bei Angstzuständen besonders wichtig: körperliche Nähe zur Bezugsperson. „Man darf seinen Hund an Silvester auf keinen Fall ignorieren.“ Ihr eigener Hund namens Leo „ist bereits tiefenentspannt auf die Welt gekommen“, sagt die Hundetrainerin. Trotzdem würde sie ihn nie an Silvester alleine zu Hause lassen. Bei Spaziergängen solle der Vierbeiner einige Tage vor und nach dem 31. Dezember nur an der Leine geführt werden.
Auch Sieglinde Cichon, siebenfache Katzenhalterin und Vereinsmitglied der Katzenhilfe Ehingen, verbringt den Jahreswechsel daheim: „Sobald die Böller loslegen, verstecken sich alle Katzen unter meinem Bett und kommen nicht mehr heraus.“ Anders als Hunde suchten die Samtpfoten bei Angst weniger die Nähe des Menschen, sondern zögen sich in ein dunkles Versteck zurück. Deswegen sind die Fundtiere der Katzenhilfe an Silvester alleine. „Zuerst haben wir jemanden an Silvester eingeteilt, der bei den Tieren ist, aber es hat sich gezeigt, dass das nicht nötig ist, da alle in ihren Körben bleiben.“
Wichtig sei, Freigänger über den Jahreswechsel im Haus zu behalten und den Tieren Rückzugsorte zu bieten, sagt die 65-Jährige, die vergangenes Jahr mit dem baden-württembergischen Tierschutzpreis ausgezeichnet wurde. Als Ablenkung könnte ein Kissen mit Baldrian oder Katzenminze dienen. „Es gibt auch Pheromonsprays, die beruhigend wirken sollen, aber ich bin mir nicht sicher, ob das etwas bringt.“

Spenden statt böllern

Schwieriger wird es, wenn die Tiere zu groß oder zu viele sind, um zu Herrchen oder Frauchen auf das sichere Sofa geholt zu werden. Rinder und Pferde sind Fluchttiere und könnten sich ebenfalls auf der Weide vor dem Feuerwerk erschrecken, sagt Tierarzt Maier. „Niemals darf in der Nähe von Tieren oder eines Stalls geböllert werden.“
Ihm persönlich wäre es lieber, wenn die Leute auf das Feuerwerk verzichten würden. Wer sich letztlich durchringen kann, das neue Jahr ohne Knalleffekte zu begrüßen, für den hat Hundetrainerin Hinz zum Schluss noch einen besonderen Vorschlag: „Statt das Geld für Böller auszugeben kann man auch Futter an ein Tierheim spenden.“

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