Jeden Morgen kommt im Munderkinger Rathaus der „Verwaltungsstab Corona“ zusammen. Er ist bewusst klein gehalten, besteht lediglich aus Bürgermeister Dr. Michael Lohner, seinem Ordnungsamtsleiter Florian Stöhr und seiner Hauptamtsleiterin Birgit Müller. Gemeinsam haben sie in den vergangenen Tagen eine Gratwanderung gemeistert: Nie übers Ziel hinausschießen und doch konsequent umsetzen, was nötig ist, beschreibt Lohner das Ziel.

Lohner: „Sind jetzt in der Phase, in der Kontrollen folgen müssen“

Nun scheint, auch durch die strengen Vorgaben der Landesregierung, alles geregelt. Läden der Stadt haben geschlossen, Gaststätten und Imbisse setzen vor allem auf Speisen zum Mitnehmen, die Spiel- und Bolzplätze sind gesperrt. „Wir sind jetzt in der Phase, in der Kontrollen folgen müssen“, warnt Lohner. Denn: „Zwei Drittel machen mit. Ein Drittel aber hat den Ernst der Lage nicht erfasst“, ärgert sich der Bürgermeister. „Es ist nicht damit getan, Auflagen zu erteilen – wir müssen auch dafür sorgen, dass sie eingehalten werden.“ Hier sehe er auch Handlungsbedarf in den Familien. „Mir sind nach wie vor zu viele Kinder draußen unterwegs, als ob nichts wäre“, sagt der Bürgermeister. „Dabei kommt es jetzt wirklich auf jeden Einzelnen an.“ Der nächste, zunehmend wahrscheinliche Schritt sei sonst eine Ausgangssperre.

Gaststätten, Imbisse und Einzelhändler schriftlich informiert

Bislang setzte Lohner auf Information. An sämtlichen Spiel- und Bolzplätzen der Stadt hängen Schilder, auf denen in Deutsch und Englisch sowie mit einem Piktogramm darauf hingewiesen wird, dass die Flächen gesperrt sind. Bereits am Dienstag wurden alle 22 Gaststätten und Imbisse der Stadt schriftlich über die Vorgaben und Einschränkungen informiert, am Mittwoch und Donnerstag verteilte ein Mitarbeiter der Stadt die aktuelle Fassung der baden­-württem­bergischen Coro­na­­-Ver­ordnung auch an die Einzelhändler. Vor allem eines ist nun zu prüfen: Wer darf weiterhin öffnen, wer muss schließen? Nicht immer sei das so offensichtlich, wie es scheint. Und: Halten sich die Betriebe an die gültigen Vorgaben?

Große Verantwortung als Bürgermeister

Lohner ist als Krisenmanager in seinem Element. „In meinem Beruf muss man immer einen Schritt voraus sein“, sagt er. Auch in normalen Zeiten. Und so sammelt er auch jetzt Informationen, um einen möglichst guten Überblick über die Lage zu bekommen, füllt Tabellen mit der Zahl der Erkrankten im Verlauf der vergangenen Tage bis heute. Für den Alb-Donau-Kreis, für das Land, bundesweit. Er ist in Kontakt mit Feuerwehr und Polizei, verfolgt die Debatten und Entscheidungen auf Bundesebene. „In so schwierigen Zeiten spürt man noch mehr, welche Verantwortung man als Bürgermeister trägt“, sagt er. Die Bundeskanzlerin sage dies, das Land entscheide jenes, Verordnungen änderten sich täglich: „Umsetzen müssen wir es aber vor Ort.“ Da gelte es, die Situation täglich neu zu bewerten – und gegebenenfalls getroffene Entscheidungen schon am nächsten Tag wieder zu revidieren.

Thema Corona prägt die tägliche Arbeit

Eine Wendepunkt für ihn sei der vergangene Freitag gewesen, sagt Lohner. „Als Ministerpräsident Winfried Kretschmann in seiner Pressekonferenz die Schul- und Kindergartenschließungen verkündet hat.“ Seither drehe sich in der und für die Stadtverwaltung Munderkingen alles nur mehr um ein Thema: Corona. Bereits in den Tagen zuvor hätten ihn viele Vereine um Rat gefragt, ob sie ihre Versammlungen oder Veranstaltungen nach wie vor abhalten könnten; zwischendurch hätten aber immer auch andere Themen Zeit gefunden.
Nun prägt das Coronavirus den Arbeitsalltag. Noch gibt es in der Stadt Munderkingen zwar keinen Covid-19-Fall und nur eine Handvoll Bürger in Quarantäne. Doch auch hier sei die Stadt gefragt, sagt Lohner: „Wir müssen die Einhaltung der Auflagen kontrollieren.“ Als Ortspolizeibehörde sei die Stadtverwaltung zuständig für die Überwachung der Quarantäne selbst und die Überbringung der Aufhebung der häuslichen Isolation.

Erzieherinnen der Stadt nach Hause geschickt

Eine Notfallbetreuung ist weder in den Kindergärten der Stadt noch im katholischen Kinderhaus St. Maria derzeit notwendig. Das könne sich freilich im Verlauf der kommenden Wochen noch ändern. Bis dahin hat Lohner zumindest alle städtischen Erzieherinnen bei vollen Bezügen nach Hause geschickt – „sie haben sich eine Verschnaufpause verdient“, findet er. Ferien machten sie dennoch nicht, sondern feilten virtuell an pädagogischen Konzepten und Ablaufplänen.

Welle der Hilfsbereitschaft

„Das Wichtigste ist jetzt, dass alle ihre sozialen Kontakte wirklich einschränken“, mahnt der Bürgermeister. Das könne durchaus etwas Positives sein – „nutzen Sie die Zeit, um das Wesentliche zu sehen, um sich mit Ihrer Familie auszutauschen“, rät er. Wenn nun alle an einem Strang zögen, könne die Gesellschaft durchaus gestärkt aus der Krise hervorgehen. Die Welle der Hilfsbereitschaft, die durch die Stadt schwappt, ist jedenfalls bereits jetzt groß. Verwaltung, Kirchengemeinden und der DRK-Ortsverein Munderkingen wollen einen Einkaufsdienst für Ältere und Erkrankte auf die Beine stellen, auch das Jugendhaus hat mit rund einem Dutzend Freiwilligen seine Unterstützung angekündigt.

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bestätigte Corona-Fälle gibt es in der Stadt Munderkingen Stand Donnerstagnachmittag. Mehrere Verdachtsfälle befinden sich aber in Quarantäne.