Die Rahmenthemen wie „Energie/Umwelt“, „Steuern/Finanzen/Wirtschaft“, „Europa“, Asyl/Flucht“ oder „CDU“ sind auf einer blauen Wand im kleinen Saal der Lindenhalle vorgegeben, darum herum gruppieren sich Kärtchen mit Fragen, die CDU- Mitglieder online gestellt oder vor Ort kurz vor der Veranstaltung aufgeschrieben haben.
Als ersten Schritt auf dem Weg zu einem neuen Grundsatzprogramm hat sich die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer auf Zuhör-Tour quer durch die Republik gemacht. Bei mehr als 40 Veranstaltungen können CDU-Mitglieder Fragen stellen und Themen anreißen, die sie bewegen. Am Dienstag war die Generalsekretärin beim CDU- Kreisverband Alb-Donau/Ulm in Ehingen und erntete dort für ihre ruhige, aber bestimmte Art häufig Beifall. Dass die Mitglieder beim neuen Programm mitreden wollen, zeigten rund 100 Anwesende – vorwiegend Ältere, was wohl vor allem der Uhrzeit geschuldet war, 13 Uhr an einem Arbeitstag.
„Die Wand, die hier steht, sieht ganz anders aus als an anderen Orten“, sagte Kramp-Karrenbauer zu den zahlreichen schriftlich fixierten Themen, zu denen sie in der gut zweistündigen Frage-und-Antwort-Runde Stellung nahm. Alle Karten an der Wand, auch die nicht im Gespräch behandelten, wurden anschließend mitgenommen, um auch aus ihnen die Leitfragen zu entwickeln, die die Basis des neuen Programms der Partei bilden sollen.
Die Finanzierung der Renten in Zukunft ist so ein Thema, das die Mitglieder umtreibt. Schon viel zu lange habe man zwar immer wieder etwas gemacht, aber eine grundsätzliche Reform nicht angepackt, monierte ein Mitglied. Auch Annegret Kramp-Karrenbauer sieht dies als das Thema der Zukunft, das auch immer mehr die populistischen Parteien aufgreifen würden. Dazu gehöre auch die Lebensarbeitszeit und das Thema Pflege. „Ich kann noch keine Prognose wagen, mit welchem Modell wir aus dieser Debatte herausgehen, aber wir müssen sie wagen.“
Eindeutig sprach sie sich für ein Einwanderungsgesetz aus, das noch im kommenden halben Jahr auf den Weg gebracht werde. Natürlich spielte das Thema Asyl und Flucht eine sehr große Rolle. „Je mehr wir retten, desto mehr müssen sterben“, sagte eine Frau, die seit vielen Jahren in der Flüchtlingshilfe arbeitet, zu den Dramen auf dem Mittelmeer. Europa sei für diese Menschen ein derart starker Magnet, dass sie das Risiko der Überfahrt eingingen in der Hoffnung, gefunden und gerettet zu werden. Eine schnelle Lösung mit einer Rückführung an die afrikanische Küste werde es nicht geben, meinte Kramp-Karrenbauer. Da müssten mit den dortigen Staaten zuvor Abkommen mit Gesprächen auf Augenhöhe ausgehandelt werden.
„Wir müssen im Grundsatzprogramm verdeutlichen, dass erst einmal etwas erwirtschaftet werden muss, bevor wir es verteilen können“, antwortete die Generalsekretärin auf die Forderung nach Schuldenabbau und der Abschaffung des Solidaritätsbeitrags. Letzteres habe man in den Koalitionsverhandlungen nicht durchgebracht. Aber sie weiß auch: „Die Leistungsträger in der Mitte der Gesellschaft sagen uns zunehmend, sie kommen in unserer Politik nicht mehr vor.“ Sie seien dafür wohl nicht arm oder reich genug. Zwischen Schulden zurückzahlen, investieren und Steuerzahler entlasten müsse man die richtige Balance finden.
Am Dienstag ging es aber auch um den Zwist zwischen den Unionsparteien. Kramp-Karrenbauer: „Die Zerreißprobe hat uns sehr geschadet und wird uns auch auf lange Sicht schaden. Wir erleben seit geraumer Zeit, wie Debatten, die wir früher unter uns geführt haben, öffentlich in einer solchen Art und Weise ausgetragen werden. Wenn wir das durchgehen lassen, sind wir als Volkspartei am Ende.“