Zwei Abende oder besser Nächte lang hat die Landjugend Rot am See in einer Gerätehalle in Niederwinden Kreuze gebaut. Über hundert grün angestrichene Kreuze, die inzwischen auf die Äcker und Wiesen entlang der Hauptverkehrsstraßen und beliebten Rad- und Wanderwege verteilt wurden. An den Kreuzen hängt ein laminiertes Infoblatt. „Respektiere die Arbeit der Landwirte“, ist darauf zu lesen. Darunter wird erklärt, was es mit den grünen Kreuzen auf sich hat, die auf Initiative von Agrarblogger Bauer Willi inzwischen in ganz Deutschland aufgestellt werden.

Mahnmal und Hoffnungszeichen

„Die Kreuze sind gleichzeitig Mahnmal und Zeichen der Hoffnung. Sie sind ein stiller Protest”, erklärt Annika Herrschner von der Landjugend. Sie ist eine der rund 25 Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich an der Aktion beteiligen.
Bauern kritisieren Vorgaben von "Rettet die Bienen"
Volksbegehren
Bauern kritisieren Vorgaben von „Rettet die Bienen“
Dellmensingen
Sie sind sich einig, dass die Landwirtschaft den Dialog mit Gesellschaft und Verbrauchern braucht, um nicht nur für Verständnis zu werben, sondern auch aufmerksam zu machen auf die Entscheidungen, die über die Köpfe der Landwirte hinweg getroffen werden und mittlerweile für nicht mehr zu bewältigende Bürokratie und Existenzängste unter vielen Landwirten sorgen. „Es ist nicht mehr nur die konventionelle Landwirtschaft betroffen, sondern alle Landwirte“, erklärt Markus Herrmann mit Blick auf das Agrarpaket.
Das Infoblatt auf den Kreuzen führt dies aus und erklärt, wie die Bestimmungen nicht nur in die Eigentumswerte der Landwirte eingreifen, sondern welche Folgen dies für kleine und mittlere bäuerliche Betriebe, für die Nahrungsmittelproduktion und schlussendlich für den Verbraucher hat. „Die Versorgung der heimischen Bevölkerung mit regionalen Produkten ist gefährdet“, heißt es ganz deutlich im Papier. „Wenn man die Agrarwende will, dann muss man das zusammen mit den Landwirten langfristig planen“, sind sich die Mitglieder der Landjugend einig und verweisen auf eine Liste mit Vorschlägen von Agrarbloggern, die ihrer Meinung nach von der Politik schlicht ignoriert wurde, als das Agrarpaket geschnürt wurde.
"Massive Störung der Friedhofsruhe"
Vandalismus in Mittelfischach
„Massive Störung der Friedhofsruhe“
Obersontheim
An die grünen Kreuze sind allerdings keine Forderungen geknüpft, sondern vielmehr der Wunsch, auf die Probleme aufmerksam zu machen, einen Dialog zwischen Landwirten und Verbrauchern anzuschieben und die Sorgen der Landwirte in den Fokus von Bevölkerung und Politik zu rücken. „Es müssen so viele Kreuze sein, dass die Leute googeln, nachfragen und neugierig werden“, betont Ralf Hornung, weshalb er die hundert rund um Rot am See aufgestellten Kreuze nicht übertrieben findet. Und er ergänzt: „Es wäre super, wenn die Aufmerksamkeit auf das große Ziel gelenkt wird, nämlich die Politiker aufmerksam zu machen.“ Tatsächlich sind die grünen Kreuze in Berlin bereits Thema.

Jeder kann mitmachen

„Es ist bis jetzt die beste Aktion dieser Art. Sie ist still, erregt keinen Ärger und trotzdem Aufmerksamkeit, und jeder kann mitmachen. Zwei Bretter zusammennageln, grün anstreichen, aufstellen, fertig”, ist Annika Herrschner überzeugt. Für die Landjugend ist die Aktion außerdem eine Gelegenheit, Gemeinschaft zu leben und gemeinsam an einem Strang zu ziehen für ihre Sache. Wie auch die Landjugend in Crailsheim am Volksfest, werden auch sie an ihrem Stand auf der Muswiese ein Kreuz aufstellen und auch dort Menschen über die Aktion informieren. Wie schnell die Aktion, die erst Mitte September gestartet ist, ihre Kreise zieht, freut und beeindruckt die jungen Landwirte. Sie sind gespannt auf die Nachwirkungen.

Das könnte dich auch interessieren:

„Bauer Willi“ ist ein Blogger

Bauer Willi ist studierter Agraringenieur und hat im Fachbereich Pflanzenbau promoviert. Im Rheinland bewirtschaftet er einen 40 Hektar großen Ackerbaubetrieb. Bekannt ist er allerdings als „Bauer Willi der Blogger“, der sich zu Themen rund um die Landwirtschaft äußert. Sein Geheimnis ist dabei Authentizität, die er erreicht durch eine Mischung aus fundiertem Fachwissen, Emotionalität und Leidenschaft für seinen Berufsstand. Seine erklärten Ziele sind das Anstoßen eines Dialogs in Gesellschaft und Politik, Offenheit und Transparenz und die Wertschätzung von Lebensmitteln sowie Respekt für die Arbeit der Bauern. Drei Tage nach der Verabschiedung des Agrarpakets hat der Blogger die Aktion #grüne kreuze unter dem Motto „Wenn einer allein es nicht schafft …“ ins Leben gerufen, die seither immer weitere Kreise zieht. juvo