Bürgermeister Kurt Wackler wusste, dass viele Bürger kommen würden. Aber dass es so viele werden sollten, hat ihn dann doch überrascht. Der Sitzungsbeginn verspätete sich, weil in der Halle in Gröningen erst alle noch verfügbaren Stühle herbeigeschafft werden mussten. „So einen Zuspruch gab es bei einer Gemeinderatssitzung noch nie“, sagt der Bürgermeister, und auch Kommunikationsexperte Frank Ulmer, von der Firma Schön und Hippelein für das Dialogverfahren engagiert, zeigt sich verblüfft, als er nach gut zwei Stunden selbst an die Reihe kam: „Ich dachte, Bürger halten eine zweistündige Frontalveranstaltung nicht aus.“ Aber die Satteldorfer haben ihn eines Besseren belehrt.
Allerdings geht es vor allem für die Bürger aus Bölgental und Gröningen auch um etwas, nämlich um einen großen Steinbruch vor ihrer Haustüre.
Noch kein Antrag gestellt
Die Firma Schön und Hippelein (SH) hat das Gelände zwischen Jagst, Autobahn und Bölgental nun überplant und den Gemeinderäten und rund 300 Bürgern die Planungsvarianten erläutert. Bürgermeister Wackler hatte SH ausdrücklich um eine sehr ausführliche Präsentation gebeten. Ihm sei eine umfassende Information wichtig, erklärte Wackler, auch mit Blick auf das Bürgerbegehren (siehe Bericht auf dieser Seite). „Alle Argumente und Fakten müssen auf den Tisch, möchte ich mal so plakativ sagen.“
Und dies sind die Fakten, so wie sie Frank Hippelein (SH) in seiner Präsentation und nach Fragen der Gemeinderäte darlegte:
Bislang hat die Firma noch keinen konkreten Antrag bei der Genehmigungsbehörde, dem Landratsamt, gestellt. Das Unternehmen plant den Abbruch allerdings schon seit einiger Zeit. Das überplante Gelände ist etwa 20 Hektar groß. Näher als jetzt geplant soll der Steinbruch auch in Zukunft nicht an das Dorf heranrücken. Um hier ein Zeichen zu setzen, wird SH einen fünf Meter hohen Wall zwischen Dorf und Steinbruch anlegen und begrünen. Das nächstliegende Haus ist 300 Meter von der Bruchkante entfernt. „Oh je“, sagte eine Besucherin da, „das ist ja gar nichts.“
Für den Abbau gibt es zwei Erschließungsvarianten: Bei der sogenannten Norderschließung beginnt der Abbau in der Nähe der Autobahn, das Schotterwerk steht neben dem Steinbruch in maximaler Entfernung zum Dorf, bis zum nächstgelegenen Haus sind das 600 Meter. Bei der Süd-Nord-Erschließung wird der Schotter in den ersten etwa sieben Jahren mit einem Spezialförderband über A6 und Jagst ins Schotterwerk der Kernmühle transportiert. Später soll das Schotterwerk dann im neuen Steinbruch „tiefergelegt“ aufgestellt werden.
Die Sprengungen würden so klein gehalten, dass Schäden an den Häusern unmöglich seien, so Hippelein. Dennoch soll an dem nächstgelegenen Haus eine Messstelle errichtet werden, deren Daten im Internet einsehbar sind. Lastwagenverkehr durch Bölgental und Gröningen schließt Hippelein aus. Und auch wenn das so mancher Gemeinderat nicht glaubte, betonte er: „Wir nehmen Ihre Bedenken ernst. Aber bitte nehmen auch Sie ernst, dass das von uns ein Bekenntnis ist: Es gibt keinen Durchgangsverkehr.“
Gesprengt werde nur bei Tag, und auf eine Frage, ob denn nach 25 Jahren sicher Schluss sei, antwortete Hippelein: „Aber können Sie mir sagen, was Sie in 20 Jahren machen?“
Info Die Satteldorfer sollen ihre Ideen einbringen: Über das Dialogverfahren berichten wir in der nächsten Woche.
Die Firma Schön und Hippelein baut Crailsheimer Muschelkalk ab
Das Gebiet südlich der Kreisstraße 2508 zwischen der Autobahn und Bölgental ist seit 1995 im Regionalplan Heilbronn-Franken als Rohstoffsicherungsfläche ausgewiesen. Dadurch ist das Gebiet anderen Planungen und Nutzungen entzogen, erklärte Bürgermeister Wackler in der Sitzung. „Das Land hat damit seinem Interesse zur Rohstoffsicherung einen entsprechenden Vorrang eingeräumt.“
Der Rohstoff: Was die Firma Schön und Hippelein in Bölgental abbauen wird, ist Crailsheimer Muschelkalk, ein deutschlandweit einzigartiges Vorkommen, so Geschäftsführer Frank Hippelein. Der Kalk wird bis auf 50 Meter Tiefe abgebaut, aber nicht bis zum Grundwasser. Abbauprodukte sind Schotter und Splitt, aber auch Steinblöcke. Crailsheimer Muschelkalk trägt den Namen der Region in die Welt: So besteht nicht nur der Stuttgarter Bahnhof, sondern auch die deutsche Botschaft in Tokio oder das Nationalmuseum Oslo aus dem Gestein. Pro Kopf verbraucht jeder Deutsche im Schnitt 7,2 Tonnen mineralische Rohstoffe im Jahr. Kalkstein macht Salz rieselfähig und ist in Arzneimitteln und Tierfutter enthalten.
Die Firma Schön und Hippelein wurde 1903 gegründet und beschäftigt am Standort Satteldorf 80 Mitarbeiter. Geschäftsführer sind heute die Brüder Frank und Thomas Hippelein. uts