Von allen Seiten strömten Familien zum Crailsheimer Bahnhof und sofort war klar: Man kennt sich untereinander, unabhängig ob alteingesessener Crailsheimer oder Neubürger. Die Kinder hatten keinerlei Berührungsängste – bereits vor der Abfahrt wurde gespielt und getobt. Die Begrüßungen waren genauso warm wie das Wetter am Mittwochmorgen. Im Rahmen der Aktion „Nimm deinen Nachbarn mit“ fuhren mehr als 100 Crailsheimer nach Nürnberg in den Tierpark, um Tiere zu betrachten und Gemeinschaft zu erleben.
Bereits auf der Hinfahrt im Bus verriet der Lautstärkepegel, wie aufgeregt die Kinder waren. Erste Gespräche fanden statt, Spiele wurden gemacht, um die Fahrtzeit zu verkürzen, und verschiedene Pläne für den Tag geschmiedet. Die zehnjährige Zonera verriet, dass sie sich ganz besonders auf die Pinguine und die Löwen freue: „Ich habe noch nie solche Tiere gesehen.“
Im Tierpark angekommen, gab es kein Halten mehr. Die Kinder rannten von Gehege zu Gehege und blieben gebannt vor jedem Tier stehen – die Eltern kamen mit den Kinderwagen kaum hinterher, eine kurze Verschnaufpause war nicht möglich.
Mit Geduld ans Ziel
So schnell die Kinder an die Gehege kamen, so geduldig blieben sie am Gitter stehen und warteten ruhig ab, bis sich die Tiere zeigten. „Ich war schon einmal mit meiner Schulklasse in einem Tierpark“, erzählte die zwölfjährige Schams Achude. „Es ist aber etwas Besonderes, mit meinen Eltern und meinen Schwestern hier zu sein. Ich habe noch nie einen Ausflug mit meiner Familie gemacht.“
Aktion Einheimische und Nürnberger besuchen Tiergarten
Am Nachmittag setzten sich einige Familien zum gemeinsamen Essen auf einer Picknick-Decke zusammen. Traditioneller Tee und Gebäck wurden geteilt und man kam miteinander ins Gespräch.
Die ehrenamtliche Mitarbeiterin Conny Frank, die sich im Freundeskreis Asyl engagiert, betonte, dass mehr Crailsheimer Einwanderer-Familien „an die Hand nehmen“ sollten. Dies sei auch das Ziel dieser Veranstaltung: Brücken zwischen Einheimischen und Neubürgern zu bauen. Vor allem die Kinder sollten an solchen Aktionen teilnehmen, da sie Veranstaltungen, die speziell auf ihr Alter ausgerichtet sind, aus ihren Heimatländern oft nicht kennen. „Dort laufen die Kinder meist einfach nur bei ihren Eltern mit“, sagte Frank.
Als Familienpatin betreut die Crailsheimerin eine Flüchtlingsfamilie. Diese ehrenamtliche Arbeit liegt ihr besonders am Herzen. „Das ist wie eine zweite Familie für mich, um die ich mich kümmern muss.“
Hamed (14) und Behroz (12) erzählten während des Picknicks, dass sich ihre Familien im Camp in Deutschland kennengelernt haben und bis heute sehr gut befreundet sind, obwohl die eine Familie mittlerweile in Wildenstein und die andere in Vellberg wohnt.
Gemeinsamer Weg
Gern erinnern sich die beiden an die gemeinsame Zeit zurück. Vor allem an die Erleichterung, nach der lebensgefährlichen Reise endlich in Deutschland angekommen zu sein. Während sie erzählten, wurde deutlich, wie sehr sie diese Erfahrung geprägt hat.
Im gemeinsamen Gespräch war keine Distanz zu spüren. Multikulturelle Vielfalt wurde nur anhand der unterschiedlichen Sprachen deutlich. Kinder übersetzten für ihre Eltern, sodass auch Sprachfremde miteinander kommunizieren konnten.
Die Lautstärke der Hinfahrt wandelte sich auf dem Heimweg in eine erschöpfte und glückliche Ruhe. Die kleineren Kinder schliefen im Arm ihrer Eltern, die älteren erzählten von den Erlebnissen im Tierpark, Erwachsene ließen den Tag Revue passieren. Beim Abschied war die Frage zu hören: „Wann gibt’s wieder einen Ausflug?“
Das könnte dich auch interessieren:
Positives Feedback und Danksagungen
Der Tiergartenbesuch war die zweite Veranstaltung im Rahmen der Aktion „Nimm deinen Nachbarn mit.“ Organisiert wurde sie vom Freundeskreis Asyl unter der Federführung von Wolfgang Rupp. Die Organisation im Hintergrund übernahm die Stadt Crailsheim. Sie stellte beispielsweise die Busse zur Verfügung.
Bei der Flüchtlingsbeauftragten Kamilla Schubart gingen bereits einen Tag nach dem Ausflug positives Feedback und Danksagungen im Namen der Kinder ein, berichtet Michaela Butz, Ressort Digitales und Kommunikation bei der Stadt Crailsheim.
Ziel der Aktion war es, die Kommunikation und den Informationsfluss zwischen den Bürgern zu verbessern, auch für Migrantenfamilien, die bestimmte Informationen sonst nicht erreichen würden. Neubürger aller Nationen und alteingesessene Crailsheimer sollten sich treffen und austauschen können. vm