Das ehemalige Landratsamt in Crailsheim, in dem das Finanzamt untergebracht ist, muss nicht, wie ursprünglich vorgesehen, saniert werden, schreibt das Finanzministerium an die Präsidentin des Landtages. Der FDP-Landtagsabgeordnete Stephen Brauer hatte sich in einer Kleinen Anfrage nach der Zukunft der Immobilien des Landes in Crailsheim erkundigt. Einen Satz in der Antwort des Ministeriums findet Brauer besonders bemerkenswert: „Alternativ zu einer Generalsanierung könnte sich gegebenenfalls auch eine Neubau- oder Mietlösung als wirtschaftlichere Realisierungsvariante erweisen.“ Stand derzeit sei, dass die Kosten der beabsichtigten Sanierung geprüft werden.
Der Parlamentarier wertet die Aussage des Ministeriums als „Jahrhundertchance für Crailsheim“. Nachdem für das Land bislang nur die Sanierung des Gebäudes an der Schillerstraße in Frage gekommen war, ist nun auch der Abriss denkbar. Die Begründung des Ministeriums für seinen Meinungswandel: Wenn sich durch die Veräußerung von Immobilien, die für Landeszwecke nicht mehr erforderlich sind, kommunales Entwicklungspotenzial ergibt, werde dies gemacht.
Genau dieses Entwicklungspotenzial sieht der Architekt, der den Masterplan für das Sanierungsgebiet „Östliche Innenstadt“ entworfen hat. Für Patrick Humpert steht das alte Landratsamt schlicht im Weg. Es sei ein Riegel, der die Achse Sanierungsgebiet (Volksfestplatz) - Ehrenfriedhof - Lammgarten empfindlich störe. Der Architekt hat anstelle des jetzigen Finanzamtes ein Gebäude in Form eines Kubus vorgesehen, das genügend Raum lässt, um die Areale diesseits und jenseits der Schillerstraße miteinander zu verbinden.
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Östliche Innenstadt Crailsheim
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Der Abriss des alten Landratsamtes bedeutet nicht den Verzicht auf das Finanzamt, betont der Parlamentarier Brauer in einer Pressemitteilung. Es gehe lediglich um dessen räumliche Verlegung. Anders sei die Antwort aus dem Finanzministerium nicht zu deuten, ist er sich sicher.

Gerichtszentrum im „Schloss“

Auch hinsichtlich der anderen Landesimmobilien nahm Staatssekretärin Gisela Splett für das Finanzministerium Stellung. So soll aus dem Verwaltungsgebäude, das in Crailsheim gemeinhin als „Schloss“ bezeichnet wird, ein Gerichtszentrum werden. Das Amtsgericht ist schon in das große Gebäude umgezogen, das bisher in der Friedrichstraße in Miete untergebrachte Arbeitsgericht und auch die Bewährungshilfe, die sich derzeit in der Schulstraße befindet, sollen folgen.
Die Landesimmobilie „Schloss“ steht also nicht zur Disposition. Sehr wohl aber die Freifläche dahinter, die derzeit als Parkplatz genutzt wird. Man habe gegenüber der Stadt Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Einen Schritt weiter ist man bereits bei einem Haus in der Spitalstraße, das auch vom Finanzamt genutzt wird. Diese Immobilie wird vom Land als „entbehrlich“ bezeichnet. Die Stadt ist bereits vorstellig geworden, will das Haus kaufen.
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Neben dem „Schloss“ will das Land auf eine zweite Immobilie in Crailsheim nicht verzichten: auf das ehemalige Gefängnis. Der einstige „Drogenknast“ in der Schlossgasse soll ab Herbst 2020 als weiterer Standort des Bildungszentrums Justizvollzug dienen. Übrigens: Die siebte vom Land genutzte Immobilie in Crailsheim ist das Polizeirevier in der Parkstraße.

Brauer sieht zwei Vorteile

Wenn das Finanzamt nicht im alten Landratsamt bleiben muss, hat das für den FDP-Politiker gleich zwei Vorteile: Der Abriss des Gebäudes schaffe die Möglichkeit, das Sanierungsgebiet mit der Innenstadt zu verzahnen. Zusätzlich sei die Neugestaltung des Areals auch ein gewichtiger Punkt der Bewerbung um eine Landesgartenschau, weil eben diese Neugestaltung auch einen Entwicklungskorridor von der Jagstaue über Lammgarten und Volksfestplatz bis zum Kreckelberg ermögliche. Insofern könne sehr wohl von einer Jahrhundertchance gesprochen werden.

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