An vielen Schulen stehen kurz vor Ende der Faschingsferien wegen des Coronavirus die Telefone kaum still: Verunsicherte Eltern wollen wissen, was sie am Montag mit ihren Kindern machen sollen: Zur Schule schicken? Zu Hause lassen?
Rückkehrende Kinder, Schüler und Lehrer sollen daheim bleiben
Nun ist klar: Während die Landesregierung für Schließungen von Schulen und Kitas nach wie vor keinen Anlass sieht, sollen Kinder, Lehrer und Erzieher, die in den letzten 14 Tagen in einem Risikogebiet waren, unabhängig von Symptomen unnötige Kontakte vermeiden – und vorläufig zu Hause bleiben. Das teilte das baden-württembergische Kultusministerium am Freitagnachmittag in einem Rundbrief an alle Schulen und Kindertageseinrichtungen mit.
Als Risikogebiete für das Coronavirus SARS-CoV-2 gelten laut Robert-Koch-Institut folgende Regionen:
- In Italien: Region Lombardei und die Stadt Vo in der Provinz Padua in der Region Venetien.
- In China: Provinz Hubei (inkl. Wuhan) und die Städte Wenzhou, Hangzhou, Ningbo, Taizhou in der Provinz Zhejiang.
- Im Iran: Provinz Ghom
- In Südkorea: Provinz Gyeongsangbuk-do
Für Rückkehrer nach Baden-Württemberg gelten vor allem die Hinweise auf Norditalien als relevant: Viele Familien haben in den Faschingsferien ihren Urlaub dort verbracht. „Die Hinweise gelten für alle Personen an Schulen und Kindertageseinrichtungen, das heißt sowohl für Schülerinnen und Schüler, Kita-Kinder, Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher sowie für alle weiteren in den Einrichtungen Beschäftigten bzw. Tätigen“, heißt es in dem Schreiben weiter. Landesbedienstete, die davon betroffen sind, würden „zunächst freigestellt.“
Wer nicht aus einem Risikogebiet komme und keinen Kontakt zu am Coronavirus Erkrankten hatte, könne hingegen „uneingeschränkt am Schul- bzw Kita-Betrieb teilnehmen“, heißt es in dem Schreiben aus dem Ministerium. Im Kreis Göppingen wird unterdessen vor möglichen „Infektketten bei Kindern“ gewarnt.
Wer Symptome hat, soll sich beim Arzt melden
Wer in einem Risikogebiet war und binnen 14 Tagen Symptome wie Fieber, Muskelschmerzen oder Husten bekommt, solle zu Hause bleiben, Kontakte meiden und sich telefonisch beim Hausarzt oder dem kassenärztlichen Notdienst melden (Telefon: 116117).
Personen, die während eines Aufenthalts in einem Risikogebiet oder innerhalb der letzten 14 Tage Kontakt mit am Coronavirus Erkrankten hatte, solle das Gesundheitsamt informieren – egal, ob sie Symptome haben oder nicht.
Erst am Donnerstag hatte das Kultusministerium einen ersten Rundbrief mit Verhaltenstipps und Informationen an alle Schulen und Kitas verschickt. Der Umgang mit dem Thema Reise-Rückkehrer war darin aber noch wenig konkret gehalten.
Zahl der betroffenen Rückkehrer ist nicht bekannt
Unklar ist, wie viele Menschen von diesen Einschränkungen betroffen sind. „Hier geht es sicherlich nur um Einzelfälle, eben um jene, die sich kürzlich in einem der Risikogebiete aufgehalten haben“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) am Samstag. Die Ferien enden in Baden-Württemberg an diesem Montag. Nach derzeitigen Erkenntnissen sind in Baden-Württemberg 15 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Die Zahl war nach zwei neuen Meldungen am Freitagabend und einer Meldung aus Emmendingen am Samstagabend weiter gestiegen.
Lucha gibt sich dennoch zuversichtlich, die Lage im Südwesten zu kontrollieren. „Wir haben nach wie vor keinen kursierenden Erreger“, sagte er. „Denn wir haben einen Überblick über die meisten Kontaktketten und reden nach wie vor von einzelnen Fällen oder von Clustern.“
Jetzt sollen auch Rückkehrer der Polizei wegbleiben
Nach Kindern, Schülern, Lehrern und vielen Beamten sollen nun auch Polizisten zunächst vorsorglich zu Hause bleiben, wenn sie in den vergangenen Tagen aus einem Risikogebiet für das neuartige Coronavirus zurückgekehrt sind. Dies gelte unabhängig von eigenen Krankheitssymptomen, wie aus einem internen Schreiben des Innenministeriums hervorgeht. Die Beamten würden vom Dienst freigestellt, bis ihr Gesundheitszustand zweifelsfrei geklärt sei.
Hinweise und Empfehlungen für Italien-Rückkehrer
Aufgrund der „dynamischen Entwicklung“ sah sich das Kultusministerium am Freitag in Absprache mit dem Sozialministerium und dem Landesgesundheitsamt zu den ergänzenden Hinweisen gezwungen.
Parallel dazu hat das Sozialministerium allgemeine Hinweise für Reiserückkehrer aus dem Italienurlaub veröffentlicht. Ob die Empfehlungen des Kultusministeriums Baden-Württemberg an einer inzwischen geschlossenen Schule in Bad Boll korrekt befolgt wurden, blieb zunächst unklar. Dort standen am Montag zunächst offenbar 13 Lehrer unter Corona-Verdacht.
Grenzverkehr: Mehr Kontrollen bei Flügen, auf Schiffen und im Zug
Laut Beschluss des neu eingesetzten Krisenstabes der Bundesregierung muss ab sofort auch bei allen Flugpassagieren und Schiffspassagieren aus Südkorea, Japan, Italien und dem Iran vor der Einreise der Gesundheitsstatus gemeldet werden muss. Diese Regel galt bisher nur für China.
In allen Zügen im Regionalverkehr und Grenzverkehr in Deutschland müssen Passagiere zudem künftig Aussteigekarten ausfüllen, wenn Coronavirus-Verdachtsfälle festgestellt wurden. Die Bahnunternehmen sind zudem verpflichtet, Passagiere mit Symptomen einer Coronavirus-Infektion zu melden. Zudem wird die Bundespolizei ihre Kontrollen im 30-Kilometer-Grenzraum verstärken.