Um über Optimismus zu sprechen, muss man den Begriff zunächst definieren. Für Pfarrer Stephan Seiler-Thies ist Optimismus etwas, dass einen morgens aufstehen und frohgemutes den Tag starten lasse. „Mit neuem Mut in den Tag starten, auch wenn es am Vortag nicht so toll war“, sagt der Pfarrer der evangelischen Friedenskirche gegenüber der BZ zu seiner persönlichen Definition von Optimismus. Für ihn spiele da natürlich auch sein Glaube eine Rolle. „Da ist jemand, der euch begleitet, euch Mut macht“, sagt er und bringt als Beispiel das Weihnachtsevangelium. „Der Engel sagte als erstes: ‚Fürchtet euch nicht!’ Das ist eine ganz positive Botschaft.“
Trotz Froher Botschaft und Optimismus erlebt der Pfarrer besonders in seiner Arbeit als Seelsorger, wie viel Leid es auf der Welt gibt. Wie kann er da noch optimistisch sein? Vieles habe sich gut entwickelt, sagt er. 2018 wurden beispielsweise die Menschenrechte 70 Jahre alt. Natürlich sehe er, dass diese Rechte nicht überall auf der Welt eingehalten werden, aber „es ist toll, dass es sie gibt und wir das feiern können“, betont er. Es könne immer noch mehr gemacht werden, „aber auf der anderen Seite erleben wir junge Menschen, die etwas verändern wollen“, betont Seiler-Thies.

Das wärmste Jahr

Er nennt die Schwedin Greta Thunberg. Die 15-Jährige ist eine Klimaschutzaktivistin, die unter anderem bekannt wurde, weil sie im Dezember bei der UN-Klimakonferenz in Katowice eine Rede hielt. „Sie hat eine tolle Rede gehalten und uns Erwachsenen den Spiegel vorgesetzt“, sagt Stephan Seiler-Thies, dem der Klimaschutz ein wichtiges Anliegen ist. „2018 war das wärmste Jahr“, sagt er, „das Klima ist ein Thema, dass mir sehr viel Sorge bereitet.“ Da sei Optimismus schwierig. „Da müssen wir alle ran.“ Ihn persönlich motivierte da auch Alexander Gersts Botschaft an seine Enkelkinder: „Im Moment sieht es so aus, als ob wir, meine Generation, euch den Planeten nicht gerade im besten Zustand hinterlassen werden“, so der Astronaut auf der Internationalen Raumstation. „Gerst blickt von außen auf unsere Welt und Greta steckt mittendrin. Das sind Stimmen, die uns Mut machen“, erklärt der Bietigheimer Pfarrer.
Dabei sei ihm bei seiner Arbeit und auch privat wichtig, dass wir alle gemeinsam etwas bewirken können. Als Vorsatz fürs neue Jahr sollte sein, was man selbst tun kann, damit das Leben für einen selbst und andere besser wird. Da passe auch die Jahreslosung für 2019 dazu. „Das ist ein Bibelvers, der uns Christen das ganze Jahr über begleitet“, erklärt er und verrät ihn auch gleich: „Suche den Frieden und jage ihm nach.“ Friede sei für den Pfarrer ein ganz altes und wichtiges Thema, das ihn immer begleitet. Er nennt die Ostermärsche und auch seine Kirche in Bietigheim, die den Namen Friedenskirche trägt. Die Losung spiegle das wieder, was er privat, wie als Pfarrer, versucht umzusetzen: „Es ist ein ganz aktiver Spruch. Wir sollen nicht auf den Frieden warten, sondern selbst etwas tun.“ Am besten gelinge dies in der Gemeinschaft. So auch in der Kirchengemeinde.
Doch wie wird sich die Kirche künftig gestalten, bei sinkenden Mitgliederzahlen und einem Pfarrplan, der Gemeinden zusammenlegt und Pfarrstellen streicht? „Der Pfarrplan wird Weichen stellen“, sagt Stephan Seiler-Thies ganz klar, „natürlich geht es um Reduzierung.“ Dies sei weniger den Austritten geschuldet, als dem demografischen Wandel. Der Pfarrplan gibt eine Struktur vor und zeigt „wo wir enger zusammen arbeiten und wo es Kooperationen gibt.“ So auch beim neu aufgestellten diakonischen Konzept, ein Bereich der weiter gefördert werden solle.
Der Pfarrer betont: „Kirche hat Relevanz und es wird sie weiterhin geben.“ Sie werde kleiner, aber nicht weniger wichtig. In Bietigheim-Bissingen spricht er von einem vielfältigen Angebot, das beispielsweise nicht nur Gottesdienste beinhaltet und auch nicht nur von Kirchenmitgliedern genutzt werde. „Man braucht nicht Trübsal blasen – was haben wir alles für Möglichkeiten“, blickt Stephan Seiler-Thies optimistisch ins neue Jahr.