Die Familie schläft, und plötzlich werden mitten in der Nacht die Fensterscheiben ihrer Erdgeschosswohnung eingeschlagen: So geschehen in einem Ludwigsburger Stadtteil. Die Beteiligen sahen sich wegen dieses Vorfalls in der Nacht jetzt alle vor dem Ludwigsburger Strafgericht wieder. Wegen Sachbeschädigung und Beleidigung von Polizeibeamten wurde ein 30-jähriger Deutscher deshalb zu sechs Monaten Haft auf Bewährung und 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Der Mann aus dem Dachgeschoss des Hauses liege schon länger im Clinch mit den Bewohnern des Erdgeschosses, die er  als „Dreckstürken“ betitelt haben soll.
Der Beschuldigte dachte vor dem Ludwigsburger Gericht gar nicht dran, den Einwurf oder das Einschlagen der Fensterscheiben in der Nacht vom 21. Oktober 2015 zuzugeben. Dass er die Polizeibeamten in seinem alkoholisierten Zustand damals auch beleidigt habe, sei möglich, gab der Mann vor Gericht zu. Aber die Beamten hätten mit ihm den Falschen festgenommen, nur weil er zur Tatzeit mit seinem Kumpel gerade Zigaretten aus dem Automaten geholt habe.
Zur öffentlichen Gerichtsverhandlung war es überhaupt nur gekommen, weil der Beschuldigte einen Strafbefehl nicht akzeptiert hatte, in dem eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zur Hartz IV-Höhe von jeweils zehn Euro ausgeworfen war. Im Urteil von Strafrichter Dr. Florian Bollacher zu sechs Monaten Freiheitsstrafe mit der Auflage, 60 Stunden gemeinnützige Arbeit abzuleisten und drei Jahre lang die Weisungen eines Bewährungshelfers zu befolgen, kam der Mann hinterher deutlich schlechter weg.

Die Stimme erkannt

Die alleinerziehende Mutter aus dem Erdgeschoss hatte den Angeklagten zwar nicht sehen können, als die Scheiben ihrer Wohnung klirrten, aber dessen Stimme erkannt. Als zuerst die Fensterscheiben des Kinderzimmers zu Bruch gingen und gleich darauf auch noch die Scheiben ihres Wohnzimmerfensters, standen sie und ihr 18-Jähriger Sohn auf, schauten zum Fenster hinaus und hörten den Angeklagten  „kommt raus“ und das Schimpfwort „Motherfucker“ brüllen. Letzteres Wort sowie „Hurensöhne“ fiel wenig später auch gegenüber den fünf Polizeibeamten, denen der Angeklagte und sein Kumpel entgegen gerannt kamen.
„Der kommt nachts an die Tür und schreit einfach ,kommt raus’“, schilderte die 41-jähige, alleinerziehende Mutter die damalige Situation in dem Wohnhaus. Zwischen ihr und der Familie des Angeklagten wohnten auch noch andere Leute, aber diese trauten sich bei der Wohnungsvermietungsgesellschaft nichts zu sagen.
Dafür, dass ihr einmal bei einem Besuch bei ihrer Tochter in Wendlingen die Autoreifen mit einem Messer zerstochen wurden, hatte die Frau, die seit 13 Jahren in dem Haus des recht dörflich strukturierten Stadtteils wohnt, und sich dort nicht mehr wohl gefühlt, seit der Angeklagte eingezogen ist, nur eine Erklärung.

Bereits im Gefängnis

Zivilrechtlich ist es ihr immerhin schon gelungen, eine einstweilige Verfügung gegen ihren Hausmitbewohner zu erwirken, damit er sie und ihre Kinder in Ruhe lässt.
Die Frau selber wollte der Gerichtsverhandlung nach ihrer Zeugenaussage nicht mehr beiwohnen, aber ihre Tochter aus Wendlingen verfolgte das Geschehen weiter. So erfuhr die Tochter, das ihre Mutter und Geschwister es mit einem Nachbarn aushalten müssen, der schon in jungen Jahren wegen Gewalttaten im Gefängnis war. Mit gemeinschaftlichem räuberischen Angriff auf einen Kraftfahrer und gemeinschaftlicher Vergewaltigung war der Nachbar bereits als Jugendlicher hoch eingestiegen ins Strafregister.