Nächste Woche ist Tag der Deutschen Einheit. Und woran erinnert uns das? An das Schicksalsjahr 1975 und die Vereinigung von Bietigheim und Bissingen, die bekanntlich keine Wiedervereinigung war. Gleichwohl gab es Parallelen zum Mauerfall und auch die Folgen dieser schicksalhaften Entwicklung wirken bis heute nach. Erinnern wir uns: Schon im 16. Jahrhundert gab es erste Fusionsversuche, die seinerzeit ebenso auf dem Scheiterhaufen der Geschichte endeten wie die Ansätze 1911 und 1933. In den 1960er Jahren waren die Bissinger dem Nachbarn wirtschaftlich überlegen und feierten dies mit dem berühmten Spruch „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen. Aus Bissingen will ja auch keiner weg.“ Lange wehrten sich die Bissinger tapfer gegen die Eingemeindung. Vergeblich: Die Zwangsvereinigung in ihrem Lauf hielten weder Ochs noch Esel auf. Unmittelbar nach dem Anschluss Bissingens an Bietigheim verschmolzen die beiden SPD-Ortsverbände zur sozialdemokratischen Einheitspartei Bietigheim-Bissingen. Schon damals mussten sich die Sozis an Niederlagen gewöhnen. Nachdem der schwarze Oberbürgermeister-Kandidat aus Bietigheim den Bissingern blühende Landschaften versprochen hatte, konnte  der von der SPD favorisierte Kandidat Volker Baehr dem nichts entgegensetzen und verlor die Wahl. Für die Bissinger folgten Jahre der Erniedrigung, obwohl sie eher westlich von Bietigheim leben. Ist aber auch egal: Die spätkapitalistische Entwicklung Bietigheims mussten die Bissinger tatenlos mit ansehen. Weder die Hoffnungen auf einen Aldi noch auf einen Beate-Uhse-Shop erfüllten sich. Mit einem hässlichen Rathaus gestraft, ertrugen die Bissinger mit geballter Faust in der Tasche, wie Bietigheim seine Altstadt auf Vordermann brachte und Bissingen mit einem düsteren Tunnel abgespeist wurde. Gipfel des Bissingen-Bashings waren die Pläne, den Eingemeindeten eine Biomüllvergärungsanlage auf die Gemarkungsgrenze zu setzen. Bissingen als Müllkippe der Groß-Bietigheimer Krake. So weit kam es dann doch nicht. Aber die Bissinger vergessen nicht. Sind erst Lohn- und Rentenniveau angeglichen, werden sie zurückschlagen, das Viadukt umleiten und den Pferdemarkt an der Rommelmühle veranstalten. Das DLW-Areal wird Bissingen-Carrée heißen, auch wenn das keiner kapiert. Bissingen bekommt einen Flughafen, ein Shoppingcenter, mehrere diplomatische Auslandsvertretungen und wird die Änderung des Stadtnamens in Bissingen-Bietigheim durchsetzen.