Lange waren die sogenannten „Wanka-Milliarden“ vom Bund, genannt nach der früheren Bildungsministerin, nur Luftbuchungen. Jetzt endlich soll Geld aus dem Digitalpakt fließen, um die Schulen ins digitale Zeitalter zu führen. Bietigheim-Bissingen kann dabei mit 1,7 Millionen Euro rechnen. Um die entsprechenden Förderanträge stellen zu können, hat der Gemeinderat am Dienstag ein Digitalisierungskonzept beschlossen. Betrachtet man die Gesamtkosten, dürfte das Geld aus Bundesmitteln nach den Worten von Bürgermeister Joachim Kölz freilich nur „ein Tropfen auf dem heißen Stein“ sein.
Wie Kölz den Stadträten darlegte, überschreiten bereits die Kosten für die nötige Hardware der Jahre 2020 bis 2024 mit 2,7 Millionen Euro die in Aussicht stehenden Fördermittel. Hinzu kommen Aufwendungen für die Verkabelung innerhalb der bestehenden Schulgebäude, die auf 360 000 Euro beziffert werden. Und: „Für die Anbindung der Schulen mit Glasfaserleitungen der Stadtwerke sowie die hierzu erforderliche Hardware außerhalb der Schulen werden weitere Kosten in noch nicht bekannter Höhe entstehen.“
Hinzu kommen die laufenden Kosten für das Leasing der PCs und Notebooks, die laufenden Softwarekosten und der Support durch private Dienstleister. Das wird aus dem Schulbudget der Stadt finanziert, wie viel davon an Kosten für die Digitalisierung anfällt, wird laut Stadtverwaltung aber nicht separat erfasst. Fest steht nur, dass diese Kosten künftig weiter ansteigen werden.
Immerhin: Laut Kölz gibt es eine pauschale Landesförderung: 276 000 Euro in diesem Jahr, darüber hinaus weitere 258 000 Euro.
Aber die Stadt will auch noch einen IT-Koordinator einstellen, wofür zusätzliche Personalkosten anfallen. Denn: Die Schulen verfügen laut Kölz bisher nicht über einheitliche IT-Standards. Um eine Rahmenkonzeption sowie eine Koordination der externen Dienstleister zu schaffen, brauche man jemanden, der umfassende IT-Kenntnisse habe, über die die Schulverwaltung nicht verfüge. Die Beschaffung der Hardware werde momentan noch direkt von den Schulen oder von der Schulverwaltung im Amt für Bildung, Jugend und Betreuung vorgenommen. Auch hier sei es notwendig, jemand zu haben, der die Ausschreibungen für die geplante IT-Ausstattung vornehme.
Im Gremium stieß das auf volle Zustimmung. Ein guter „Support“ sei nötig, meinte der CDU-Stadtrat und Leiter der Aurain-Realschule Claus Stöckle. Er rechnet mit bis zu 1000 Endgeräten an den städtischen Schulen. Neben der Beschaffung sei es auch wichtig, Unterstützung bei technischen Störungen, auch bei Sachschäden und Verlusten zu haben. Günter Krähling (SPD) pflichtete ihm bei und verlangte nach einem „gewieften Fachmann“. Allerdings: „Der Lehrer sollte trotzdem noch wissen, was er zu tun hat, wenn mal eine Stunde das Whiteboard ausfällt.“
Stöckle empfahl generell, die digitalen Medien in den Schulen nur dort einzusetzen, wo sie Vorteile bringen. Er setze aber voraus, dass das so geschehe. Die Anbindung ans Glasfasernetz solle man sich noch genauer anschauen. Mit Blick auf die Ausstattung sollten alle Schule im Verhältnis zu ihrer Größe gleich behandelt werden.
Attila Tür (GAL) bezeichnete die Umsetzung des Digitalisierungsprojekts als anspruchsvoll. Dr. Georg Mehrle (FDP) meinte, die Liberalen könnten nicht anders als zuzustimmen, da sie sich in Sachen Schuldigitalisierung in der Vergangenheit weit aus dem Fenster gelehnt hätten. Dabei könne auch niemand böse sein, wenn es später teurer werde, so der Stadtrat. Ein Satz, der laut Oberbürgermeister Jürgen Kessing unbedingt ins Protokoll aufgenommen werden müsse.

Sechs Handlungsfelder im Blick

Die medientechnische Ausstattung der Schulen unterteilt sich laut dem vorliegenden Konzept in sechs Handlungsfelder.
Netzinfrastruktur Alle städtischen Schulen in Bietigheim-Bissingen sollen über Glasfaserleitungen der Stadtwerke Bietigheim-Bissingen an das Internet angebunden werden.
Gebäude Noch ausstehende Verkabelungsarbeiten stehen außerhalb von Neubaumaßnahmen laut Bürgermeister Joachim Kölz in den Jahren 2020 bis 2024 in der Realschule im Aurain, den Ellentalgymnasien, der Grundschule im Buch, der Schule im Sand und der Schillerschule an.
Unterricht Als Präsentationsmedium haben die Schulen die Wahl zwischen „Visuboards“ (interaktive Nutzung und Tafelanschrieb stehen gleichberechtigt nebeneinander), „ActivBoards/SmartBoards“ (ein interaktives, digitales Whiteboard mit Beamer) oder „Touch-Displays“ (ein großes Tablet).
Computerräume Diese werden momentan von den Schulen noch als notwendig angesehen. Inwieweit sie mit Zunahme der mobilen Endgeräte noch erforderlich sind, werde sich in den nächsten Jahren zeigen, so die Stadtverwaltung.
Lehrerarbeitsplätze Alle Schulen verfügen über stationäre Lehrerarbeitsplätze. Sie setzen jedoch vermehrt auf die Nutzung von schuleigenen mobilen Geräten durch die Lehrer.
Mobile Endgeräte für Schüler „Nachdem sich fast alle Schulen für Tablets entschieden haben, sollen diese aus Gründen der einheitlichen Beschaffung und des leichteren Supports an allen Schulen eingesetzt werden“, heißt es dazu im Digitalisierungskonzept der Stadt. um