Nächstes Jahr feiert die Ortsgruppe Ratshausen des Schwäbischen Albvereins ihr 130-jähriges Bestehen – wenn sie überlebt. „Unsere Funktionäre und damit die gesamte Vorstandschaft kommen in die Jahre, und wir konnten keine Nachfolger finden“, erklärt Roland Blepp, der bereits seit 33 Jahren Kassierer ist.
Im Jahr 2022 standen Neuwahlen an, und der gesamte Vorstand war sich einig, dass er nach Jahrzehnte langem Einsatz einfach nicht mehr weiter machen kann. „Es tat allen im Herzen weh, aber wir konnten keine Lösung finden“, sagt Elke Blepp, die ebenfalls sehr engagiert für den Verein tätig ist.

Im April finden Neuwahlen statt

Nachdem weder Mundpropaganda noch Inserate im Amtsblatt halfen, traf sich die Ortsgruppe am 2. Dezember. Wieder meldete sich niemand, der sich aufstellen ließ. „Wir dachten, das war’s, und dass das unsere letzte Sitzung war“, erinnert sich Blepp, „Nur ist uns entgangen, dass die Auflösung bestimmte Formalitäten erfordert, die wir nicht erfüllten.“ Daher wurde die offizielle letzte Versammlung zur Auflösung des Vereins am 27. Januar ausgerufen – und auf den letzten Drücker abgesagt. Es fand sich letztlich doch eine kleine Gruppe engagierter Ratshausener, die allesamt neu in den Verein eintraten und die Vorstandsposten übernehmen wollen. Die Neuwahlen sollen am 21. April stattfinden, und das gibt den Mitgliedern der Ortsgruppe neue Hoffnung.

Bürokratie erschwert das Vereinsleben

„Dass wir es so schwer haben, liegt vor allem an der Bürokratie“, erklärt Elke Blepp, „Allein, wenn man sich anschaut, was der Kassierer zu bewältigen hat, dann bekommt man den Eindruck, dass das Vereinsleben systematisch kaputt gemacht wird. Es sind Wahnsinnsauflagen, die wir erfüllen müssen, und das schreckt die jungen Menschen natürlich ab. Niemand will die Verpflichtungen der Vorstandsposten übernehmen.“
Außerdem sei ein Umdenken erforderlich. In der Ortsgruppe gibt es viele Menschen, die noch fit sind, aber auch einige, die in der Mobilität eingeschränkt sind. Eine Lösung wäre hier beispielsweise, dass es zwei Wanderführer gibt. „Der eine schnappt sich die Aktiven und durchläuft mit ihnen eine richtige Wanderung, während der andere mit den Senioren eine entspannte und kürzere Strecke läuft“, schlägt Blepp vor. „Am Ende treffen sich alle zum Beispiel in einer Gaststätte und kehren zusammen ein. Die gesellige Gemeinschaft gehört einfach dazu.“

Geschäftsführung bietet Hilfe an

Von der Zentrale des Schwäbischen Albvereins fühlt sich die Ortsgruppe Ratshausen im Stich gelassen. „Sie haben uns darin beraten, was zur Auflösung erforderlich wäre, aber zum Erhalt der Vorstandschaft gab es keine Tipps“, erinnert sich der Kassierer.
Geschäftsführerin Annette Schramm berichtet hingegen: „Wenn Ortsgruppen Probleme haben, können sie sich jederzeit an uns wenden. Wir haben hierfür extra ein Team zusammengestellt, das die Betroffenen betreut.“ Ansprechpartner sei der jeweilige Gau-Vorsitzende, der Sonderbeauftragte des Präsidenten sowie Schramm selbst. „Außerdem bieten wir ein Dienstleistungscenter an, das mit Rat und Tat zur Seite steht.“ Meistens sei eine individuelle Lösung sinnvoll, da jede Ortsgruppe in einer anderen Situation ist. Ein wichtiger Faktor sei allerdings immer Zeit, „und dass sich die Vorstände rechtzeitig an uns wenden“. So habe Schramm erst kürzlich die Fusion der Ortsgruppen Laufen und Lautlingen bei Albstadt betreut.

Jugend und Familien im Fokus

Heutzutage sei ein attraktives Wander- und Veranstaltungsprogramm das A und O. Außergewöhnliche Aktivitäten, wie beispielsweise Radfahren, Nordic Walking, Klettern, Bergtouren, aber auch Yoga-Wandern seien sehr beliebt. Familien erfreuen sich an besonderen Angeboten, wie etwa dem Jugendwanderheim „Fuchsfarm“.
Eine Ortsgruppe mit Ziegenherde verzeichnet einen bemerkenswerten Zulauf an Mitgliedern. Besonders erfolgreich sei das Projekt „Zukunft“ im Rahmen der Jugend- und Familienarbeit. Hauptamtliche pädagogische Mitarbeiter sind im Vereinsgebiet positioniert und helfen den Ortsgruppen bei der Planung von Veranstaltungen und der Werbung. Häufig ergebe sich aus so einer Zusammenarbeit ein ehrenamtliches Engagement, das sich um die Familiengruppe kümmert und schließlich auch Teil des Vorstands wird.

Es zeigt sich ein Abwärtstrend der Mitgliederzahlen

„Natürlich ist die Jugend nicht leicht zu gewinnen“, bekennt Schramm. Trotz tausender neuer Mitgliedschaften jährlich, zeichne sich ein leichter Abwärtstrend ab, der auf die Generationenwende zurückzuführen sei. Ältere Mitglieder scheiden aus, und Menschen im Pflegeheim, die die Angebote nicht mehr nutzen können, stellten ihre Beitragszahlungen ein. „Dabei ist eine Mitgliedschaft im Albverein ein toller Förderbeitrag. Wir betreiben aktiven Naturschutz und betreuen unter anderem ein Netz aus 200 000 Kilometern Wanderwegen.“

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Die Gründung fand im Jahr 1894 statt

Im Jahr 1994 zeigten sich viele Menschen verwundert über das „100-jährige Jubiläum“ der Ortsgruppe Ratshausen. Obwohl der Verein 1894 mit fünf Mitgliedern gegründet worden war, verzeichnet er keine Einträge ab dem Jahr 1902. Das erste Mitglied war Pfarrer Kible. „Es darf angenommen werden, dass von den Bürgern keiner große Lust am Wandern hatte, da sie mit der täglichen Arbeit genug ausgelastet waren“, heißt es in der Festschrift. 1898 war die Mitgliederzahl auf neun angestiegen. Am 9. März 1974 wurde eine Gründungsversammlung einberufen, um die Pause aufzuheben. Diese startete erfolgreich mit 30 Mitgliedern. Aktuell zählt die Ortsgruppe 52 Mitglieder.