Zum zweiten Mal haben vom Verkehr geplagte Anwohnerinnen und Anwohner der Ortsdurchfahrt in Schömberg am Freitag den Verkehr gestaut, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen. Sie parkten ihre Autos – vollkommen legal, wie der Bürgermeister auf Anfrage mitteilt – auf der Straße und nicht, wie sonst, halb auf dem Gehweg. Und zwar in dem Bereich, an dem die Bundesstraße 27 am engsten ist. Immer wieder rauschten Lastwagen heran, nur um dann Halt machen zu müssen, weil die Straße nicht auf einem Abschnitt, der lang genug für sie und den Gegenverkehr wäre, frei war.
Am vorherigen Freitag war mit derselben Aktion „totales Chaos“ ausgelöst worden, berichtet Initiator Hans Peter Geiselmann, der seit Jahrzehnten über Lärm, Gefahr und Gestank klagt. „Diesmal haben wir ein bisschen weniger gemacht.“ Zudem hängen Transparente an etlichen Häusern, etwa mit der Aufschrift: „60 Jahre gewartet, gehofft, gelitten – wir sind am Ende!“ Er sei am vergangenen Freitag von Lastwagenfahrern teils beschimpft und angehupt worden.
Lastwagenfahrer rufen die Polizei
Auch hatten mehrere Menschen offenbar bei der Polizei eine Verkehrsbehinderung gemeldet, wie der Polizeiposten Schömberg verzeichnet hat. Laut Pressesprecher Martin Raff vom Polizeipräsidium Reutlingen hätten die Kollegen zwar vor Ort nachgeschaut, jedoch keine Verkehrsverstöße festgestellt.
In dieser Woche hatte Birke Glischert Bürgermeister Karl-Josef Sprenger Unterschriften von 236 Bürgerinnen und Bürgern für ein sofortiges, durchgehendes Tempo 30 in der Ortsdurchfahrt überreicht. Bislang gilt Tempo 30 nur nachts in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr. Zum Übergabetermin war an diese Redaktion keine Einladung ergangen. Laut Bürgermeister Sprenger beabsichtigen die Bürger kein Bürgerbegehren zwecks späterem Bürgerentscheid: „Die Unterschriftenaktion zeugt vom Frust der Anwohner über Lärm und Gestank, den sie seit nunmehr 60 Jahren haben. Im Moment handelt es sich vor allem um eine Zustandsbeschreibung.“
Bürgermeister Sprenger macht Selbstversuch
Er selbst habe einen Versuch gestartet und sei einmal mit 50 Stundenkilometern und einmal it 30 durch den ganzen Ort gefahren. Beim zweiten Mal habe er nur eine Minute länger gebraucht, deutet Sprenger an, dass er Tempo 30 offenbar keine starken Argumente entgegenstellen würde.
Bereits 2019 hatte das Regierungspräsidium Tübingen für Schömberg Tempo 30 angeordnet. „Der Bürgermeister war aber dagegen“, sagt Steffen Maier, Pressesprecher des Landratsamts Zollernalbkreis, am Freitag auf Anfrage. Gegen die wiederholte Protestaktion sehe das Landratsamt „im Moment nicht die Notwendigkeit, verkehrsrechtlich zu reagieren“. Man beobachte die Aktion und die Auswirkungen auf den Verkehrsfluss, wolle sie im Nachgang bewerten. Grundsätzlich sei das Parken nur im Halteverbot, an engen oder unübersichtlichen Stellen, im Bereich von scharfen Kurven, vor Einfahrten, an Bordsteinabsenkungen sowie an Kreuzungen/Einmündungen bis zu je 5 Meter (vom Schnittpunkt der Fahrbankanten) unzulässig.
Mehr Aktionen, mehr Druck geplant
Es sollen weitere Aktionen folgen, sagt Geiselmann, durchaus mit noch mehr Druck. „Die Straße muss weg“, sei sein Credo; nicht zuletzt wegen der Gefahr für seine Enkelkinder durch Raser. Ob 30er-Zone, Querspange zum Industriegebiet Nord oder Ortsumfahrung, die ab Herbst 2024 geplant werden soll: Irgendwas muss passieren, ist Geiselmann überzeugt. Man lasse sich nicht mehr vertrösten. Laut Bürgermeister soll die Querspange 2024 kommen, so der Gemeinderat dies beschließt.
Ab welchem Grad von Verkehrschaos die Polizei künftig einschreiten will? „Das kann man pauschal nicht sagen, das ist immer eine Abwägung im Einzelfall“, sagt Polizeisprecher Raff.
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