Stopp, Baustelle: Das steht an der Tür, die in die zukünftige Kinderklinik des Zollernalb Klinikums am Standort Balingen führt. Im Juli soll es losgehen. Bis dahin gehen die Baumaßnahmen Schritt für Schritt voran. Claudia Hermanutz, Projektleiterin der Pädiatrie, und Janine Nebel, Teamleiterin der Pädiatrie, stehen in dem künftigen Versorgungsraum mit perinatalem Schwerpunkt. Dort werden Babys versorgt werden können, die vor der vollendeten 36. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen. „Es werden zwei Bettchen hier stehen“, sagt Hermanutz und deutet auf die eine Seite des Raumes. „In der Mitte wird ein Untersuchungsbett sein.“ Und auf der anderen Raumseite nochmal zwei Inkubatoren. Neben der Tür ist ein Freiraum in der Wand. „Hier wird eine Milchküche sein“, sagt Hermanutz. „Die Öffnung ist zum Durchreichen der Milch“, sagt Nebel. Am Ende des Flures der künftigen Kinderklinik streicht ein Maler gerade eine Wand. „Tag für Tag sieht man mehr Veränderungen“, sagt Nebel. Dass eine Veränderung dieser Art notwendig ist, zeigten Analysen im Jahr 2017.
Bedarf bei der Geburtshilfe: Zollernalb Klinikum baut Kinderklinik
Die Klinik-Leitung stellte sich Fragen wie: Welche Patienten kommen ins Zollernalb Klinikum? Wo gibt es Potenzial für Patienten, die behandelt werden könnten, aber woanders hingehen? Wo gibt es einen potenziell nachweisbaren Versorgungsbedarf? „Bei der Geburtshilfe war ein fehlendes Angebot eindeutig erkennbar“, sagt Gerhard Hinger, Vorsitzender Geschäftsführer des Zollernalb Klinikums. Denn: Laut Analyse entbinden 53 Prozent der Schwangeren aus der Region im Klinikum. „Da muss man sich als Geburtsklinik fragen, warum ist das so?“, sagt Hinger. Nachgefragt bei den Hebammen und den Schwangeren, ist die Antwort eindeutig: Es liegt an der fehlenden Kinderklinik.
Kinderklinik stellt gesamte Medizin im Zollernalb Klinikum um
Zu dieser gehört dann auch, nicht nur Babys versorgen zu können, sondern auch ältere Kinder. Seit 2021 ist das Klinikum zugelassenes Krankenhaus für die stationäre Behandlung von Kindern. „Für uns ist das ein Riesenschritt“, sagt Hinger. Eine Kinderklinik krempelt das ganze Krankenhaus um. „Das fängt beim Rettungsdienst an.“ Bisher kommen die Kinder mit schweren Erkrankungen nach Tübingen, werden also mit dem Ziel versorgt, dass sie schnell verlegt werden. „Und plötzlich kommt die Chance, dass man sie hier versorgen kann.“ Dann braucht es zum Beispiel eigene Kinderprogramme beim Röntgen.„Und so zieht sich das im Grunde genommen durch die gesamte Medizin“, sagt Hinger. Eine Umstellung gehe nicht von heute auf morgen. „Man kann jetzt nicht davon ausgehen, dass wir sofort alle kindlichen Erkrankungen behandeln können“, sagt Hinger. Das passiere „Step by Step“.
„Wir glauben, dass mit der Kinderklinik die Geburten ansteigen werden“, sagt Manfred Heinzler, kaufmännischer Geschäftsführer des Klinikums. Im vergangenen Jahr habe es 1250 Geburten gegeben. Mit der neuen Kinderklinik werden zunächst Schwangere ab der 36. Schwangerschaftswoche aufgenommen. „Diese sind erstmal komplikationslos anzusehen und gehören zum Level 4 der perinatalen Schwerpunkte“, sagt Dr. Marina Radakovic, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin. Auch diese Babys könnten nach der Geburt aber noch Unterstützung brauchen, zum Beispiel wenn sie noch keine Möglichkeit haben, ihre Temperatur zu regulieren. „Unser Ziel ist, in den nächsten Jahren auch Fälle auf Level 3 versorgen zu können“, sagt Radakovic. Das betrifft jene Babys, die ab der 29. Schwangerschaftswoche entbunden wurden. „Da erwartet man natürlich mehr Komplikationen“, sagt Radakovic. Zum Beispiel müssen diese Kinder beim Atmen unterstützt werden. „Hier einen perinatalen Schwerpunkt Level 3 zu haben, ist enorm wichtig für die Region.“ Denn dann können die Eltern mit dem Kind in Balingen bleiben und müssen nicht nach Tübingen verlegt werden – das bedeutet weniger Stress. Auch die Organisation des Transportes fällt weg.
Claudia Hermanutz und Janine Nebel führen beim Rundgang über die Baustelle auch durch Räume, die in Zukunft eine Palliativstation beherbergen. Diese wird zum 1. März eröffnet. Die Einzelzimmer haben große Fenster, sind hell. Es werde „viel Raum für Gefühle, für Abschied und fürs noch einmal Zusammensein“ geben, sagt Claudia Hermanutz.
Im Flur vor den Einzelzimmern werden Holzlamellen hinaufgezogen, damit kleine, private Rückzugsräume für die Angehörigen entstehen. Im „Raum der Stille“ steht noch eine Trittleiter. Durch das bunte Fensterglas dringt Tageslicht.
„Unser Konzept heute schon“, sagt Hinger, aber auch für das geplante Zentralklinikum, das 2030 eröffnet werden soll, „ist, ein Versorger für stationäre Krankenhausbehandlung für alle Lebensphasen zu sein.“ Mit der Palliativstation und der Kinderklinik geht es in diese Richtung.
Das kostet die Kinderklinik
Die Kosten für den Umbau und die Einrichtung der Kinderklinik belaufen sich auf 4,2 Millionen Euro. „Davon trägt der Landkreis drei Millionen für Baumaßnahmen und feste Einbauten“, sagt Manfred Heinzler, kaufmännischer Geschäftsführer. Das Klinikum trage rund 1,2 Millionen Euro. Für die Einrichtung und Ausstattung werden circa 800 000 Euro fällig. „Wir brauchen hier natürlich alles, vom Kinderbettchen bis zum Inkubator“, sagt Heinzler. Und: „Wir brauchen weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Wenn der Betrieb läuft, sehe es momentan so aus, als könnten die laufenden Kosten nicht zu 100 Prozent finanziert werden. „Das war dem Kreistag bewusst, als die Entscheidung fiel. Aber der Mehrwert der Kinderklinik liegt auf der Hand.“