Es soll ein wegweisendes Projekt werden: Für rund 17 Millionen Euro will die Benevit-Gruppe ein großes Gesundheitszentrum in Meßstetten bauen. Zwei Gebäude sind in der Hossinger Straße vorgesehen: Ein Ärztehaus mit Apotheke und einer Tagespflege für Senioren, einem städtischen Kindergarten und der Sozialstation. In einem zweiten Bau soll Platz für pflegebedürftige Senioren mit 56 Wohnplätzen entstehen, dazu weitere neun barrierefreie Zwei-Zimmer-Wohnungen.
Baubeginn bis Frühjahr 2025
Der Bauantrag liegt seit dem vergangenen Jahr vor, von einem Baubeginn in diesem Jahr war schon die Rede. Doch es wird nun länger dauern, bis das Gesundheitszentrum realisiert wird. Im Sommer oder Herbst kommenden Jahres, womöglich auch erst im Frühjahr 2025, soll der Spatenstich erfolgen. Bauherr Kaspar Pfister, geschäftsführender Gesellschafter der Benevit-Gruppe, erläuterte am Montag gemeinsam mit seiner Tochter Claudia Kanz, die die Bauabteilung der Gruppe leitet, die Hintergründe der Verzögerung.
Viel Abklärung nötig
Es benötige umfangreiche Abklärungen mit den Fachbehörden, berichtete Pfister. Lärm, Parkplätze, etliches mehr – für viele, viele Details brauche es die Stellungnahmen von Fachbehörden. Auf Einladung von Bürgermeister Frank Schroft habe es schon ein Treffen von Vertretern der Behörden im Rathaus gegeben. Im Gespräch sollten die einzelnen offenen Punkte geklärt werden. Das sei auch teilweise gelungen. „Aber dann mussten doch immer wieder neue Dinge geklärt werden“, berichtet Pfister.
Neues Pflegekonzept entwickelt
Doch vor allem ein großes Problem sorgt dafür, dass nicht schon gebaut wird. Die Benevit-Gruppe hat ein neues Pflegekonzept entwickelt, das sowohl stationäre als auch ambulante Elemente beinhaltet. Die Pflegebedürftigen leben dabei in Hausgemeinschaften und bringen sich je nach ihren Möglichkeiten bei der Arbeit mit ein. „Wer beim Kochen oder der Wäsche mit anpackt, bleibt auch im Alter aktiv“, schreibt Pfister dazu in einer Mitteilung.
„Stambulant“ nennt die Benevit-Gruppe dieses Pflegekonzept – und wirbt damit, dass es den Eigenanteil an der Pflege um bis zu 1000 Euro monatlich reduzieren kann. Bislang wird das alles in einem Modellprojekt, dem „Mitmach-Seniorenheim“ in Wyhl am Kaiserstuhl, erprobt. Auch für Meßstetten ist dieses Konzept vorgesehen. Allerdings müsste dafür das Sozialgesetzbuch XI geändert werden. Denn ein weiteres Modellprojekt wird nicht erlaubt. Seit Jahren werde das Konzept wissenschaftlich erforscht, berichtet Pfister. Alle Rückmeldungen seien positiv, die Unterstützung der Kommunen und der Fachverbände sei groß – dennoch bewege sich nichts. „Wir brauchen jetzt kurzfristig die Vernunft der Politik“, appelliert Pfister.
Brief an die Bundespolitiker
Auch Bürgermeister Frank Schroft hat gemeinsam mit anderen Bürgermeistern an Bundespolitiker geschrieben und um Unterstützung gebeten. Bislang ohne Erfolg. „Oft wird geklagt, es liegt am Bund – hier ist es der Fall“, sagte Schroft am Montag beim Pressegespräch. Er wandte sich auch gegen Gerüchte, die in der Stadt kursieren – etwa dass es an fehlendem Grundbesitz liege, warum das Gesundheitszentrum nicht schon gebaut werde. Das stimme nicht, sagte Schroft, die Verträge seien unter Dach und Fach. Es treffe auch nicht zu, dass die Stadt es verhindert habe, dass sich eine Ärztin in der Stadt außerhalb des neuen Gesundheitszentrums ansiedle. Für die Planung von Arzt-Niederlassungen sei noch nie die Stadt, sondern immer schon die kassenärztliche Vereinigung zuständig gewesen.
1000 Tage Katastrophe
Sollte der Spatenstich dann einmal erfolgen, dauert es zwei Jahre, bis das neue Gesundheitszentrum gebaut ist, berichtete Claudia Kanz. Gebaut werden soll mit Handwerkern aus der Region, und zwar nach höchsten Klimaschutzvorgaben. Dabei soll Erdwärme (Geothermie) zum Einsatz kommen, der Strom soll aus der hauseigenen Photovoltaik-Anlage stammen.
Kaspar Pfister hofft, dass bis zum Baubeginn die Baupreise sinken – es gebe bereits Anzeichen dafür. Das werde dann hoffentlich die gestiegenen Zinsen etwas wettmachen. Derzeit seien viele Pflegeheime in der Krise, berichtete Pfister zum Schluss des Gesprächs. Dabei komme viel zusammen. Die Pandemie habe alle in der Pflegebranche extrem gefordert. „Wir waren jetzt an die 1000 Tage im Katastropheneinsatz“, sagte Pfister. Jetzt mache sich die Inflation bemerkbar, samt extremer Personalknappheit. „Wir benötigen dringend eine Pflegereform“, berichtet Pfister über die aktuelle Stimmung in der Branche.
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Jahre Bauzeit benötigt das neue Gesundheitszentrum in Meßstetten. Der Spatenstich soll nächstes Jahr, spätestens im Frühjahr 2025 erfolgen. Es fehlt noch eine Gesetzesänderung.