Was reimt sich schon auf „Kuebll“? Genau: übel. Die sogenannte Kuebll-Liste der Europäischen Kommission macht einen Unterschied zwischen Keksen und Brot – das finden Bäcker übel. Während die Hersteller von Dauerbackwaren vom Energiekostendämpfungsprogramm der EU profitieren, gehen die meist handwerklichen Bäcker leer aus. „Die Belastung unserer Branche ist derart hoch, da wäre das Geld der EU eine Hilfe“, sagt Roland Brückmann, Geschäftsführer der Bäckerei-Kette Sternenbäck mit Sitz in Hechingen. „Ich fühle mich als Großbäcker alleine gelassen.“ In der Corona-Zeit kam es zu dramatischen Einbrüchen beim Umsatz. Der Absatz von Kuchen, Snacks oder Getränken ging stark zurück, auch, weil die Cafés der Bäckereien geschlossen blieben.
Sternenbäck musste im Mai 2020 Gläubigerschutz beantragen und brachte sich mit einer Insolvenz in Eigenverwaltung wieder in die Spur. Sternenbäck ist Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Brandenburg zu finden. Von den 215 Filialen wurden mittlerweile allerdings mehr als 50 geschlossen, etwa 400 der 1600 Mitarbeiter mussten gehen.
„Darunter waren Filialen, die bereits vor Corona nicht so gut liefen“, sagt Brückmann. Prozesse wurden optimiert, Kosten gesenkt. Es bleibt aber wirtschaftlich schwierig, während Corona kam der Ukraine-Krieg mit seinen Auswirkungen auf Kosten dazu. Hefe, Molkereiprodukte, Getreide, alles wurde teurer, Mehl zum Teil um 70 Prozent. Gas und Strom machten laut Statistischem Bundesamt früher 3,3 Prozent der Kosten aus und könnten sich auf 15 Prozent erhöhen, befürchten Betriebe. Alarmstufe Brot.
Dies hinterlässt Spuren in der Branche. Die Zahl der Betriebe ging in Deutschland von 2019 bis Ende 2021 um über 500 auf knapp 10 000 zurück, weiß der Zentralverband des Bäckereihandwerks: „Viele Betriebe wissen nicht, wie sie die Kostensteigerungen stemmen sollen.“
Der gesamte Beschaffungsmarkt habe sich verändert, klagt Brückmann: „1000 Papierbecher mit unserem Aufdruck kostet statt 60 nun 135 Euro.“ Dazu kommt, dass die Deutschen in Homeoffice-Zeiten weniger Brot und Brötchen kaufen und lieber beim Discounter zugreifen. Billiganbieter mit ihrer vollautomatischen Produktion sind Krisengewinner und machen mittlerweile knapp ein Viertel des Backwarenumsatzes in Deutschland aus.
Anders als Discounter ist es Handwerksbäckereien nicht möglich, höhere Kosten mit dem Verkauf anderer Waren aufzufangen. Und: „Im Wettbewerb mit Supermärkten und Discountern können handwerkliche Betriebe wie etwa Bäckereien oder Metzgereien ihre gestiegenen Nebenkosten nicht einfach weitergeben, weil sie sonst riskieren, dass ihre Kundschaft nach günstigeren Alternativen sucht“, sagt der Bundesminister für Ernährung Cem Özdemir. Bereits jetzt machen Handwerksbäcker laut GfK nur noch ein Drittel ihres Umsatzes mit Brot und Backwaren. „Das Verständnis für die Produkte fehlt auch, bei uns gibt es Beschwerden im Laden über den Preis“, sagt Brückmann. Bio-Angebote und Produkte etwa für Vegetarier oder Veganer bringen zwar eine bessere Marge, werden derzeit aber ebenfalls weniger gekauft. „Da ist es schon besser, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren“, ist der Geschäftsführer überzeugt.
Auch die Zahl der Mitarbeiter in der Branche nimmt ab, seit 2019 ging sie von 25 200 auf 240 800 zurück. „Ich kämpfe jeden Tag darum, die Läden offen zu haben“, sagt Brückmann. Es gibt Konkurrenten, die zahlen Mitarbeiter ein Begrüßungsgeld von 500 Euro. „Mich haben in den letzten Wochen viele Schreiben unter anderem von Bäckereien, Brauereien oder Fleischereien erreicht, die ihre teils dramatische Lage geschildert haben“, sagte Özdemir im September. Zwar gibt es staatliche Hilfe für Unternehmen, die in der Kuebll-Liste stehen, von den Programmen helfe aber laut Brückmann keines.
Welches Brot essen Deutsche am liebsten?
Der Deutsche Brotkorb ist recht vielfältig. Fast ganz vorn lag allerdings im Jahr 2020 ein Brot, das auch im Ausland gerne gegessen wird: Toastbrot mit 24,1 Prozent. Nur knapp davor liegt Mischbrot mit 24,6 Prozent, teilt das Deutsche Bäckerhandwerk mit. Fünf Prozent aller Bäckereien waren vor der Pandemie große Betriebe, die 69 Prozent des Gesamtumsatzes machten. Die 62 Prozent kleine Bäckereien erzielten nur sieben Prozent.