In der Zollern-Alb-Halle war bei der offiziellen Kandidatenvorstellung nahezu jeder Platz besetzt, das Interesse an den vier Kandidaten war groß – umso erschreckender die Wahlbeteiligung am gestrigen Sonntag: Lediglich 12 232 von 35 226 wahlberechtigten Albstädterinnen und Albstädtern haben ihre Stimme abgegeben. Die Beteiligung von 34,72 Prozent bezeichnete Oberbürgermeister Klaus Konzelmamn folglich vollkommen zurecht als „beschämend“.
Die Wahlbeteiligung bei baden-württembergischen Bürgermeisterwahlen liegt laut Statistischem Landesamt im Durchschnitt etwas über der 50-Prozent-Marke (wir berichteten). Im Durchschnitt steigt die Beteiligung durchschnittlich auf 58 bis 59 Prozent, wenn drei oder vier Kandidaten zur Auswahl stehen – in Albstadt ist man weit von diesem Wert entfernt.
Doch woher kommt diese beschämende Beteiligung? Wie lässt sich erklären, dass kaum mehr als ein Drittel der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger abgestimmt haben? Eine Überlegung: Dass sich mit Roland Tralmer, Udo Hollauer und Markus Ringle drei Bewerber viele Stimmen teilen könnten, war einigen Albstädtern im Vorhinein bewusst und sie verzichteten deshalb darauf, ihre Stimme abzugeben. Eine andere: Die Politikverdrossenheit ist so stark, dass sich kaum Bürger dafür interessieren, wer ihr neuer Verwaltungschef wird. Letzteres wäre noch erschreckender als die geringe Wahlbeteiligung. Daher appellierte Oberbürgermeister Klaus Konzelmann am Sonntagabend noch einmal an die Albstädter am 19. März mitzuentscheiden, wer neuer Oberbürgermeister ihrer Stadt wird.
Viel Kritik an Hollauer – und nun viele Stimmen für ihn
Das Ergebnis an sich ist ebenfalls überraschend. Zumindest aus einer Perspektive: Udo Hollauer. Der Baubürgermeister musste sich gerade bei der offiziellen Kandidatenvorstellung viel Kritik an der bisherigen Politik anhören. Brandruine, Leerstand, marodes Straßennetz. Hinzukam öffentliche Kritik in Leserbriefen, unter anderem von Druckereien in Albstadt. Der Amtsbonus schien ein Amtsmakel zu sein. Doch siehe da – die Expertise aus seiner Erfahrung als Erster Bürgermeister hat 33,2 Prozent der Wähler überzeugt. Ein starker Wert, der einen Zweikampf im zweiten Wahlgang mit Roland Tralmer vermuten lässt.
Und ebendieser Tralmer? Der gab sich auf die Nachfrage, ob er insgeheim nicht doch auf einen Sieg im ersten Anlauf spekuliert hatte, ganz politisch: „Darüber habe ich mir im Vorfeld gar keine großen Gedanken gemacht.“