Etwa 17 Milliarden Euro. Auf die Kommunen in Deutschland kommen immense Mehrausgaben zu – Grund ist die am Sonntag getroffene Tarifeinigung im Öffentlichen Dienst. Inflationsausgleich, Sockelbetrag, Tariferhöhung: Die Beschäftigten erhalten deutlich mehr Lohn (siehe Info-Kasten), im Schnitt geht die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi von 11,5 Prozent Lohnerhöhung aus. „Es ist ein teurer, aber gerade noch vertretbarer Kompromiss, den die Tarifvertragsparteien ausgehandelt haben“, sagt Josef Klaiber, Hauptamtsleiter der Stadt Albstadt.
Etwa 820 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Albstadt profitieren von der Tarifeinigung sowie 46 Auszubildende. Für sie ist diese gestaffelte Lohnerhöhung auch eine Wertschätzung ihrer Arbeit. Das betont Josef Klaiber: „Die Lohnsteigerungen werden die Attraktivität der Arbeitsplätze im kommunalen öffentlichen Dienst erhöhen.“

Bereits 2023 muss Albstadt 550 000 Euro auszahlen

Doch die Belastung ist für viele finanziell ohnehin angeschlagene Städte und Gemeinden immens. Die kommunalen Arbeitgeber seien bis an die finanzielle Belastungsgrenze gegangen, wird beispielsweise die Präsidentin der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) Karin Welge in der Tagesschau zitiert. In Albstadt hat die Verwaltung bereits Zahlen ausgerechnet – und diese sind nicht ohne: Die in der Tarifeinigung vereinbarten Inflationsausgleichszahlungen betragen für das Jahr 2023 rund 1,65 Millionen Euro. 1,1 Millionen Euro sind im laufenden Haushalt eingeplant; das bedeutet, dass die Stadt 2023 zusätzliche etwa 550 000 Euro für die Personalkosten aufbringen muss. „Für das Jahr 2024 rechnen wir derzeit mit voraussichtlichen Mehrkosten von rund drei Millionen Euro“, sagt Klaiber. „Die Mehraufwendungen für die Personalkosten werden dem städtischen Haushalt an anderer Stelle fehlen.“ Immerhin habe die Stadt nun für zwei Jahre Planungssicherheit.

Drohen erhöhte Gebühren für die Bürger?

Doch Ökonomen warnen bereits: Zum einen könnten diese hohen Steigerungen die Preis-Lohn-Spirale beschleunigen – dann wäre der Inflationsausgleich ad absurdum geführt. Eine weitere Befürchtung: Kommunen müssen die hohen Personalkosten an anderer Stelle über Gebühren wieder von den Bürgerinnen und Bürgern einholen. Wird das in Albstadt der Fall sein? Für eine klare Aussage ist es wohl zu früh; Hauptamtsleiter Klaiber hält sich bedeckt: „Grundsätzlich sind Gebühren kostendeckend zu kalkulieren. Inwieweit sich die steigenden Personalausgaben auf städtische Leistungen und damit auf die Gebührenhöhe auswirken werden, wird zu gegebener Zeit zu prüfen sein.“
Nicht so zurückhaltend formuliert es Manfred Heinzler, kaufmännischer Geschäftsführer des Zollernalb Klinikums: „Die gewaltigen Probleme zur Finanzierung dürfen nicht ausgeblendet werden. Diese müssen gemeinschaftlich gelöst werden, da die Personalkosten im Gesundheitswesen durch die Sozialversicherungen – also hier die Krankenkassen – und damit von allen Beitragszahlern geleistet werden.“ Als öffentlicher Arbeitgeber gelten für das Zollernalb Klinikum die Tarifverträge fast für alle Beschäftigten.

Finanzierung über die Kassen?

Für Krankenhäuser alleine wären die Lohnsteigerungen daher kaum zu stemmen. „Die Frage der Finanzierung werden wir mit den Krankenkassen klären müssen.“ Heinzler geht folglich davon aus, dass die Lohnsteigerungen eins zu eins gegenfinanziert werden. „Doch sicher wird es Verzögerungen geben, die zu Liquiditätsengpässen führen werden. Und die Verhandlungen mit den Krankenkassen über die notwendige Finanzierung erwarten wir kontrovers.“
Doch natürlich sieht auch der Klinik-Geschäftsführer die Vorteile der deutlichen Lohnsteigerung, unter anderem die Aufwertung der Berufe im Gesundheitswesen. „Die immensen Kostensteigerungen im privaten und im öffentlichen Bereich rechtfertigen natürlich die Anpassung der Löhne. Unsere Beschäftigten dürfen nicht schlechter gestellt werden als in anderen Branchen“, betont Manfred Heinzler. „Im Gegenteil. Wie schon häufig gesagt: Klatschen alleine hilft nicht.“

Je nach Entgeltgruppe: Bis zu 680 Euro mehr im Monat

Die Lohnerhöhungen im TVÖD gilt für viele Berufe – unter anderem für Erzieherinnen, Busfahrer, Angestellte von Bädern, Feuerwehrleute, Kranken- und Altenpfleger, Verwaltungs-
angestellte, Klärwerksmitarbeiter, Förster und Ärzte sowie Beschäftigte der Müllabfuhren. Städtische Beamtinnen und Beamten sind nicht im TVÖD eingruppiert.
Die Beschäftigten erhalten 3000 Euro als Inflationsausgleich. 1240 Euro werden im Juni 2023 gezahlt. Von Juli 2023 bis Februar 2024 folgen jeden Monat weitere 220 Euro. Im März 2024 werden alle Entgelte um 200 Euro (Auszubildende 150 Euro) erhöht, anschließend steigen alle Löhne um 5,5 Prozent.
Nach Berechnungen der Gewerkschaft Verdi ergeben sich in der Entgelttabelle Erhöhungen zwischen 340 und 680 Euro pro Monat. Je nach bisherigem und künftigem Gehalt entspricht dies Steigerungen zwischen 8,2 und 16,9 Prozent. Verdi gibt die durchschnittliche Lohnerhöhung mit 11,5 Prozent an.