Sozialarbeiterin Tanja Friese, die in Straßberg mit Jugendlichen arbeitet, fehlt die Zeit für die Einzelfallberatung. Ein Grund dafür ist, dass sie in der „verlässlichen Grundschule“ zeitlich stark eingebunden wird und bei der Ausgabe von Mittagessen helfen muss. Das hat Matthias Mühr vom Haus Nazareth Sigmaringen am Dienstagabend im Gemeinderat berichtet, da die Kollegin kurzfristig erkrankt war.
Da die verlässliche Grundschule sozusagen Vorrang hat, komme die offene Jugendarbeit leider oft zu kurz. „Die Kollegin muss dann die Problemfälle schieben oder kann sie gar nicht annehmen“, erklärte der Referatsleiter für den Zollernalbkreis. Dabei habe die Nachfrage in den vergangenen Jahren stark zugenommen, und dieser Trend werde wohl auch anhalten. „Wir bekommen schon Anfragen in der Grundschule und sogar, ob wir im Kindergarten ein Angebot machen könnten“, sagte Mühr.
Kindern fehlen nach den Lockdowns die Soft Skills
Konflikte und Probleme zeigten sich immer stärker sowohl in der Schule als auch bei Angeboten für Kinder und Jugendliche – ob mit den Mitschülern oder in der Familie. Den Grund dafür sieht Matthias Mühr darin, dass vielen Kindern und Jugendlichen nach den Lockdowns in der Coronazeit wichtige soziale Fähigkeiten fehlten.
Einstimmig hat der Straßberger Gemeinderat dem Vorschlag von Mühr und seinen Mitarbeitern zugestimmt, eine geringfügig beschäftigte Person für das Mittagessen einzustellen. Dies schlage im Haushalt mit nur 6700 Euro im Jahr zu Buche. Mehrere Gemeinderäte äußerten, dass diese Entlastung für die Sozialarbeiterin enorm wichtig sei.
Ob sich eine Hilfskraft fürs Mittagessen findet?
Von 11.45 bis 13.45 Uhr soll der Helfer oder die Helferin das Mittagessen ausgeben. „Wann das starten kann, steht auf einem anderen Blatt“, sagte Mühr. Denn Personal zu finden, sei nahezu überall schwierig. Die Betreuung der Schülerinnen und Schüler in der Mittagszeit übernehmen bisher nicht nur Tanja Friese, sondern auch eine Kraft, die ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert, sowie der jeweilige auszubildende Jugendliche. Durch Blockunterricht oder Krankheit seien diese beiden weiteren Betreuer nicht immer da. Auch deshalb sei die weitere Hilfskraft wichtig, „sonst bekomme ich Probleme mit der Aufsichtspflicht“, meinte Mühr. Im Zweifel könnte sich die Kindergruppe dann nicht mehr aufteilen. Dann könne niemand raus, um zu spielen.
Wer sein Vesper von zu Hause mitbringt, nehme sein Mittagessen in einem weiteren Raum ein, informierte der Referatsleiter vom Haus Nazareth. Die Einrichtung hat die „verlässliche Grundschule“ in Straßberg seit 2009 übernommen, die „erweiterte verlässliche Grundschule“ seit 2013 – mit zubuchbaren längeren Betreuungszeiten. Dies wird über die Gemeinde, Zuschüsse und Elternbeiträge finanziert.
Immer mehr Anmeldungen zur „verlässlichen Grundschule“
Der Bedarf für die „verlässliche Grundschule“ ist gestiegen, informierte der Gast. 2018 waren 27 Schülerinnen und Schüler dabei, 2022 schon 45 Schüler. Dass mit der neuen Hauswirtschaftskraft fürs Mittagessen – denkbar sei, dass dies ein Elternteil übernimmt – dem höheren Bedarf an Schulsozialarbeit und der deutlichen Mehrbelastung für das Team vom Haus Nazareth Rechnung getragen wird, freute Mühr.
Die Sozialarbeiterin biete mit ihrem Team in Straßberg auch offene Jugendarbeit, Schulsozialarbeit, einen Teenie-Treff, einen Jugendtreff, eine Ferienbetreuung und einiges mehr. Nachdem in diesem Jahr keine Corona-Beschränkungen mehr gelten, seien künftig wieder besondere Aktionen möglich, sagte Mühr. Geplant ist, die Räume des Jugendtreffs, die mit Billard, Tischkicker und Tischtennisplatte ausgestattet sind, auch für Feste zu vermieten.
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Plätze für Kinder, die ihr Mittagessen nicht selbst mitbringen, gibt es in Straßberg an der Grundschule. An mehreren Tagen in der Woche reichen diese Plätze nicht mehr aus.