Die Grille auf dem auffallenden gelben Plakat ist durchgestrichen. Darüber steht mit einem Ausrufezeichen: „In unserer Bäckerei werden keine Insekten verbacken!“ Und weiter: „Sie haben sicherlich schon gehört, dass Insekten als Lebensmittel zugelassen sind. Wir haben uns entschieden, von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen.“
Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks hat das Plakat entwickelt und stellt es seinen Mitgliedern zur Verfügung. Denn die werden häufig gefragt, wie sie es mit Insekten im Brot halten. Seit 2021 sind Insekten als Lebensmittel in der EU bereits zugelassen. Schlagzeilen machte im Januar die Nachricht, dass zusätzlich zu den bisher erlaubten gelben Mehlwürmern und Heuschrecken nun auch Pulver von Hausgrillen und Getreideschimmelkäfer-Larven verwendet werden darf. Das verunsichert viele Kundinnen und Kunden – auch im Zollernalbkreis.
Viele Anfragen per Mail
Das Backhaus Mahl mit Hauptsitz in Stetten am kalten Markt hat mehrere Filialen im Landkreis, unter anderem in Meßstetten, Bitz, Lautlingen und Winterlingen. Auf Facebook hat sich das Unternehmen schon klar positioniert: „Wir sagen Nein, Danke“, schreibt es dort. „Auch wenn es aktuell in aller Munde ist, bei uns gibt und wird es keinen Einsatz von Insektenmehl in unseren Produkten geben.“
Dafür erntet es in der Kommentarspalte sehr viel Zuspruch. Geschäftsführer Martin Mahl bestätigt diese Aussage auf Anfrage. „Wir benutzen kein Insektenmehl.“ Das müssen er und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer wieder tun, denn es kommen viele Anfragen von Kunden per E-Mail, Telefon oder in den Filialen. Auch deshalb hat das Backhaus ein eigenes Plakat entwickelt und in den Filialen ausgehängt und aufgestellt. Er persönlich findet die Entscheidung, Insekten im Mehl zuzulassen, nicht nachvollziehbar.
„Insektenmehl kommt nicht infrage“
Auch in der Bäckerei Talblick in Meßstetten hält man wenig von Insekten im Brot. „Das kommt bei uns nicht infrage“, sagt Inhaberin Bettina Maidorn. Sie findet das persönlich schlicht eklig. In ihrer Bäckerei habe auch noch niemand danach gefragt, sagt sie. Wen das interessiere, wer das probieren wolle, „kann einfach dorthin gehen, wo es das gibt. Das steht jedem frei“, sagt sie. Einen extra Hinweis hängt sie nicht auf.
Auch beim Bitzer Bäck hält man ein Plakat für überflüssig, „wir reden dann lieber mit den Kunden, wenn sie Fragen haben“, sagt Mitarbeiter Joshua Schröder. Angesprochen auf Insektenmehl werden er und die anderen Mitarbeiter häufig, wie er erzählt. „Wir haben auf Dinkelmehl umgestellt, bei uns kommen keine Insekten ins Brot“, sagt er deutlich.
Für die meisten Kunden, die nachfragen, käme das auch auf keinen Fall infrage. Schröder selbst hat durchaus schon Essen aus Insekten aus dem Supermarkt probiert. „Eigentlich schmeckt das gar nicht schlecht“, sagt er. Im Brot fänden es viele aber eklig, da gehöre es nicht rein, sagt er noch. Und: „Vielleicht gibt es irgendwann in der Gegend ja mal eine Insektenbäckerei, da können dann alle die probieren, die es interessiert.“ Schließlich sei das ein Thema, das im Kommen sei.
Insektenmehl: Leute sind noch nicht bereit
Gabriel Bleicher, der im Vertrieb der Bäckerei Sauter tätig ist, hält es auch für deutlich zu früh, über das Thema Insektenmehl nachzudenken. „Die Menschen sind noch nicht so weit“, sagt er. In den zehn Filialen von Sauter, unter anderem in Winterlingen, werde kein Insektenmehl verarbeitet. Die Bäckerei habe sich auch dagegen entschieden, das Plakat des Verbandes aufzuhängen. „Das sieht doch ein wenig unappetitlich aus“, findet er. Die direkte Kommunikation mit den Kundinnen und Kunden sei wichtiger und „viel sympathischer“, außerdem werde auch eher selten nachgefragt.
Der Verband indes hat sich klar zu diesem Thema positioniert. „Im Bäckerhandwerk spielen die aktuellen Zulassungen von Insekten als Lebensmittel grundsätzlich keine Rolle“, schreibt er in einer Mitteilung. Die Gründe: Zum einen herrsche flächendeckend noch keine Verbraucherakzeptanz, beim Bäcker Lebensmittel mit Insektenproteinen zu erwerben – wie auch die lokalen Bäcker berichten. Die Kundschaft schätze Brot und Brötchen mit traditionellen, herkömmlichen Zutaten.
Kunden können sich auf klassisches Mehl verlassen
Zum anderen ergebe sich aus den Leitsätzen für Brot und Kleingebäck auch klar, was die gängigen Brotsorten enthalten dürften. „Sollte ein Bäcker hiervon abweichen wollen, müsste er das gesondert kennzeichnen.“ Verbraucher könnten sich also darauf verlassen, dass Brot vom Bäcker aus klassischem Getreidemehl hergestellt ist.
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Nur mit klarer Kennzeichnung
In der EU wurden im Januar 2023 weitere Insekten als neuartige Lebensmittel zugelassen: die Hausgrille und der Getreideschimmelkäfer. Die Insektenprodukte gelten als alternative Proteinquelle zu Fleisch oder Fisch. Sie dürfen unter anderem Brot, Nudeln oder Chips zugesetzt werden – aber nicht ohne entsprechende Kennzeichnung, darauf weist die Bundesregierung hin. Hersteller müssen in der EU für jedes Insekt, das auf den Markt gelangen soll, eine Zulassung im Rahmen der „Novel-Food-Verordnung“ beantragen.