Auf den ersten Blick unterscheidet sich die Freiwillige Feuerwehr Bitz wenig von anderen Wehren in kleinen Orten: Drei große rote Autos stehen hinter den Toren der Einfahrt, an den Wänden der Wache hängen Bilder und Darstellungen von alten Feuerwehrwagen und im Gemeinschaftsraum riecht es nach Zigarettenrauch. An den dunklen Tischen sitzen gut 20 der 37 Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr. Das Besondere: Unter ihnen sind sieben Frauen.
Mit gut 20 Prozent weiblichen Mitgliedern liegt die freiwillige Feuerwehr Bitz weit über dem Landesdurchschnitt. 10,3 Prozent aller aktiven Feuerwehrleute in Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland waren im Jahr 2019 Frauen. Das zeigt eine Statistik des Deutschen Feuerwehrverbands. Im Zollernalbkreis sind es nach Angaben des Landratsamtes fünf Prozent. Feuerwehr, das ist immer noch eine Männerdomäne.

Feuerwehr als Familientradition

In Bitz schwindet die schneller als an anderen Orten. Doch warum? „Ich bin schon als Baby mit dem Feuerwehrauto zur Taufe gefahren worden“, erzählt Janina Henneke. Es war die erste, aber nicht die letzte Fahrt mit einem der Einsatzwagen der heute 25-Jährigen. Mit zehn Jahren trat sie der Jugendfeuerwehr bei. Heute arbeitet sie hauptberuflich im Rettungsdienst, engagiert sich daneben bei der Wehr.
Das Blaulicht haben viele der Frauen quasi im Blut. Ihre Familien engagieren sich dort, viele sind mit der Truppe aufgewachsen. Auch Janina Hennekes Mutter Daniela ist Feuerwehrfrau. Die 51-Jährige arbeitet im Ort. Damit war für sie klar: Ich werde Teil der aktiven Truppe. Seit 16 Jahren ist sie jetzt dabei.
Die Arbeit kann manchmal ein Knochenjob sein. Doch die Frauen bei der Bitzer Wehr haben mit den körperlichen Anforderungen keine Probleme. „Man ist immer im Trupp unterwegs“, sagt Daniela Henneke. Nie sei man alleine. Und wenn doch mal jemand an seine oder ihre Grenzen kommt? „Die Kollegen helfen, wenn man mal etwas nicht schafft“, sagt Henneke und ergänzt: „Wir unterstützen uns alle gegenseitig.“
Das Geschlecht mache keinen Unterschied, sagt auch Feuerwehrkommandant Holger Sielski. Die anderen Feuerwehrmänner pflichten ihm bei. Das Zusammengehörigkeitsgefühl macht für alle Feuerwehrleute, Männer wie Frauen, in Bitz den Reiz der Arbeit aus.
Schlägt der kleine graue Funkmeldeempfänger Alarm, haben die Feuerwehrleute zehn Minuten, um zum Einsatzort zu kommen – inklusive Weg zur Wache und Umziehen. Dann leisten die 37 Männer und Frauen Hilfe bei Unfällen, öffnen Türen oder retten Tiere in Not. Sogar Katzen hätten sie schon von Bäumen geholt, erzählt Kommandant Sielski. Damit alle im Ernstfall wissen, was zu tun ist, üben sie gut 26 Mal im Jahr und treffen sich einmal in der Woche.

Lernen, wie man Leben rettet

Retten, löschen, schützen, bergen – die Kernaufgaben der Feuerwehr – hat auch Denise Brand im vergangenen Jahr gelernt. Die 18-Jährige ist neu im Trupp der Aktiven. Mit 17 hat sie ihre Grundausbildung angefangen – zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Denn an Einsätzen teilnehmen dürfen nur volljährige Personen. Die angehenden Feuerwehrleute in Bitz lernen im Verbund mit den Wehren in Winterlingen und Straßberg theoretisch und praktisch alles, was die Feuerwehr betrifft.
Unter der Woche wird Theorie gebüffelt, an den Samstagen kommt der praktische Teil. Autos zerlegen zum Beispiel, um zu lernen, wie die großen Werkzeuge eingesetzt werden und sich Material im Extremfall verhält. So können sie später bei Unfällen eingeklemmte Personen befreien. Eine solche Übung kann schonmal mehrere Stunden dauern. Im Ernstfall muss es dann so schnell wie möglich gehen.

Die Frauen opfern ihre Freizeit gern fürs Ehrenamt

Eine Lieblingsaufgabe hat die junge Feuerwehrfrau nicht. „Wenn einen etwas besonders interessiert, lernt man es gern“, sagt sie. Die 18-Jährige bringt sich wie alle ihre Kolleginnen und Kollegen gern für ihre Gemeinschaft ein, opfert ihre Freizeit für das Ehrenamt. „Das ist die Priorität, die wir setzen“, sagt Brand.
„Man weiß nie, was im Einsatz auf einen zukommt“, sagt Daniela Henneke. Oft ist Improvisationskunst gefragt. Die haben die Feuerwehrleute auch beim Umbau ihrer Umkleidekabinen bewiesen. Hinter zwei weißen Schiebetüren haben die Frauen nun ihre eigene Umkleidekabine. Dort stehen je fünf Spinde gegenüber. Darin rot-gelbe Jacken, Helme und schwarze Stiefel. Jeder Spind trägt ein Namensschild.

Improvisation bei den Umkleiden

Als kleines Extra haben die Frauen ein weißes Hängeregal unter einem Spiegel für persönliche Gegenstände mit zehn Fächern. Das haben sie sich gewünscht. Dort liegen eine Bürste und Deo. Sonst unterscheidet sich der Bereich nicht von dem der männlichen Kollegen.
Alle Spinde sind besetzt – manche auch von Mitgliedern der Jugendfeuerwehr. Dennoch: Sollten weitere Frauen dazu kommen, wird es eng. Sorge haben die Frauen davor nicht. „Im Einsatz müssen wir auch improvisieren“, sagt Janina Henneke und lacht. Eine Lösung werde es schon geben.
Dieser Pragmatismus zeigt sich auch beim Thema Duschen. Denn eine separate Frauen-Dusche fehlt. Also heißt es: Vorher anmelden. „Ich schreie dann einmal: Achtung, ich gehe duschen“, sagt Rita Kern und lacht. Die 23-Jährige mit dem blonden Pferdeschwanz ist ebenfalls schon lange bei der Feuerwehr, macht die Arbeit gern.
„Wir können alles, was die Männer können – nur besser“, scherzt Kern. Die Runde lacht – auch die männlichen Kollegen. Auch die machen gelegentlich Scherze, erzählt die junge Frau. Das gehöre dazu. Sie fühlt sich in der Gemeinschaft trotzdem sehr wohl. Sie sagt: „Die Feuerwehr ist die einzige Männerwelt, in der Frauen akzeptiert werden.“

Frauenanteil bei den Feuerwehren im Zollernalbkreis gering

Im Zollernalbkreis engagieren sich 132 Frauen bei der freiwilligen Feuerwehr. Insgesamt gibt es 2599 aktive Mitglieder bei den Wehren im Kreis. Das teilte das Landratsamt Zollernalbkreis auf Anfrage mit. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2021.
Mit rund fünf Prozent Frauenanteil liegt der Zollernalbkreis damit unter dem Bundesdurchschnitt von rund zehn Prozent. Das geht aus Angaben des Deutschen Feuerwehrverbandes hervor. In Berufsfeuerwehren liegt der Anteil bei etwa zwei Prozent.
Beim Nachwuchs im Zollernalbkreis ist der Anteil der Mädchen mit rund 17 Prozent höher. In den Jugendfeuerwehren im Kreis engagieren sich nach Angaben des Landratsamtes 110 Mädchen bei insgesamt 656 Jugendlichen.
Als Erfolg bei der Nachwuchsgewinnung sieht das der Sprecher des Landratsamtes, Steffen Maier. Mit Werbemaßnahmen wie Flyern oder Werbebannern der örtlichen Feuerwehren wolle man sowohl Männer als auch Frauen ansprechen.