Wenn die Nase schon beim Aufstehen läuft, bei der Arbeit die Augen jucken und auf dem Heimweg die Luft knapp wird - dann ist vermutlich Heuschnupfenzeit. Rund 16 Prozent der Menschen in Deutschland leiden laut dem deutschen Allergie- und Asthmabund e.V. an der Pollen-Allergie. Und das fast das ganze Jahr über.
Deshalb dauert die Pollenflugsaison so lange
Mittlerweile reicht die Pollenflugsaison von Dezember bis Oktober. Einzig im November haben Betroffene eine Atempause. „Wir haben durch den Klimawandel immer weniger extreme Jahreszeiten und vor allem oft sehr warme Winter“, erklärt Sonja Lämmel vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB). Und das hat auch Einfluss auf den Pollenflugkalender. Tendenz: Los geht es immer früher, gleichzeitig dauert die Pollenflugsaison länger.
Was ist Heuschnupfen überhaupt?
Heuschnupfen (oder Allergische Rhinitis, Pollinose) ist eine der bekanntesten allergischen Erscheinungen. Dabei reagiert der Körper allergisch auf die verschiedenen Pollenarten, die durch die Luft fliegen. Betroffen davon sind vor allem die oberen Atemwege – also Mund, Nase, Nasennebenhöhlen und Rachen.
Was sind die Gründe für die Pollenallergie?
Die Gründe für Pollenallergien sind immer noch nicht geklärt. Es gibt verschiedene Spekulationen:
Zu hohe Hygienestandards
Ein Ansatz sind die Hygienestandards, welche unser Immunsystem unterfordern, so dass dieses auf harmlose Pollen anspringt. „Dafür spricht, dass in Industrieländern mehr Menschen an Allergien leiden, als in Entwicklungsländern. Und dass Kinder, die mit Tieren aufwachsen, weniger Allergien und Asthma entwickeln“, erklärt Juliane Rieker-Schwienbacher, Oberärztin am Klinikum Stuttgart.
Durch Klimawandel steigt Blütenstaubmenge
Die Leiterin der Allergieabteilung hält es für sehr wahrscheinlich, dass der Klimawandel die Lage noch verschlimmert. Laut eines internationalen Forscherteams steige die Blütenstaubmenge deutlich: In warmen Städten um drei Prozent und auf dem kühlen Land um ein Prozent. Die Pflanzen produzieren mehr Pollen, wenn die CO2-Konzentration in der Luft steigt. Und bei milden Temperaturen beginnen die Pflanzen auch vorzeitig zu blühen, wodurch die Pollensaison wiederum früher beginnt.
Feinstaub verstärkt Reaktion
Auch interessant: Je mehr Feinstaub und Stickoxid sich auf den Pollen befinden, desto stärker fällt die entzündliche Reaktion aus. Diese kann wiederum zur Entstehung einer Allergie führen.
Was sind die Anzeichen von Heuschnupfen?
Während der Zeit des Pollenflugs haben die Patienten Fließschnupfen und müssen häufig niesen. Oft aber auch eine verstopfte Nase, Juckreiz allgemein. Rötungen bis hin zu Schwellungen der Nasenschleimhaut und der Augen treten auf. Die heftigsten Symptome sind Reizhusten und eine Verengung der Atemwege mit starken Atemstörungen.
Weitere Beschwerden wie Einschlafstörungen oder Schlaflosigkeit, Müdigkeit, eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit sowie ein allgemeines Krankheitsgefühl können Auftreten. Der ganze Körper kann Jucken und Betroffene werden gegenüber bestimmten Gerüchen überempfindlich.
Wenn der Heuschnupfen einen plagt: Frühzeitig kümmern
Auf die Vorbereitung kommt es an. „Wichtig ist, sich schon im Vorfeld zu kümmern – und nicht erst dann, wenn es richtig warm wird und plötzlich akut wird“, sagt Allergie-Expertin Sonja Lämmel. Wann es bei wem genau losgeht, lässt sich ohnehin nicht vorhersagen. Zu unterschiedlich sind Allergien und regionale Pollenbelastung.
Wenn Heuschnupfen diagnostiziert wird, sei wichtig, sich mit folgenden Fragen auseinanderzusetzen: Welche Medikamente soll ich nehmen? Wie schwer ist mein Heuschnupfen? Was kann ich sonst tun?
Ein Arztbesuch bei Heuschnupfen-Symptomen wird empfohlen
Alles Fragen für einen Arzt. Deshalb gilt: Arzt aufsuchen. Das tun aber viele nicht. „Uns fehlt dadurch die Gelegenheit zu einer richtigen Diagnose“, sagt Prof. Jörg Kleine-Tebbe, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI).
Aus Heuschnupfen kann allergisches Asthma werden
„Ein großes Problem ist noch immer, dass Heuschnupfen zu oft von den Betroffenen selbst bagatellisiert wird“, sagt auch Lämmel. „Die sagen dann „Naja, ich hab ein wenig Schnupfen und die Augen jucken, ich komme schon irgendwie durch.“ Tatsächlich handelt es sich bei Heuschnupfen aber immer um eine chronische Entzündung. Wird diese nicht richtig therapiert, droht der sogenannte Etagenwechsel: Aus dem reinen Schnupfen wird dann allergisches Asthma.
Wie kann Heuschnupfen therapiert werden?
Eine Hyposensibilisierung oder Allergen-Immuntherapie kann helfen. Diese Behandlungsform bekämpft nicht die Symptome, sondern die Ursache der Allergie – das Immunsystem wird an die Allergene gewöhnt. So lassen sich einerseits die Beschwerden und Medikamente reduzieren, andererseits wird das Risiko eines allergischen Asthmas geringer. Prozess ist aufwendig, er dauert drei Jahre. In der Zeit gibt es entweder monatlich Spritzen oder täglich Tabletten beziehungsweise Tropfen unter die Zunge.
Je nach Schwere der Allergie lassen sich Beschwerden nicht ganz vermeiden. Doch es gibt Tipps, Tricks und zahlreiche Medikamente und Möglichkeiten, mit denen die Pollenflug-Saison zumindest erträglicher wird.
Ein Heuschnupfenkalender gibt Auskunft über Pollen
Ein Pollenkalender sagt aus, wann welche Pollen fliegen und wie stark der Pollenflug und somit die Belastung ist. Hier findet ihr einen Pollenkalender der Auskunft gibt, wann Hasel, Erle, Pappel und Co fliegen.
Diese Medikamente helfen gegen Heuschnupfen
Je nach Schwere gibt es unterschiedliche Mittel. Los geht es mit den Antihistaminika als Tablette, Nasenspray oder Augentropfen. Diese wirken antiallergische und antientzündliche. bremsen das Immunsystem aus, indem Andockstellen des Symptom-verursachenden Botenstoffs im Gewebe blockiert werden. Sie bekämpfen vor allem den Juckreiz, Niesen und Naselaufen. Spätestens wenn die Nase dauerverstopft ist, und noch andere Symptome wie Konzentrationsschwierigkeiten hinzukommen, ist es damit aber nicht mehr getan. Etwa, wenn die Nasenschleimhäute geschwollen und die Atmung durch die Nase schwierig wird.
Prof. Jörg Kleine-Tebbe empfiehlt dann Nasensprays mit Cortison. Er sagt: „Das hat noch immer einen schlechten Ruf. Lokal in die Nase gesprüht, gibt es aber die gefürchteten Nebenwirkungen gar nicht.“ Cortison-Tabletten verschreiben Ärzte dagegen nur in schweren Einzelfällen. Kortisonhaltige Nasensprays wirken erst nach ein paar Tagen. Antihistaminika helfen innerhalb weniger Minuten bei Akutbeschwerden.
Cortison-Sprays mit Antihistaminika kombinieren
Sinnvoll kann es deshalb sein, Cortison-Sprays und Antihistaminika gemeinsam anzuwenden oder Kombinationspräparate einzunehmen, so der Experte – das verknüpft die eher langsame, anhaltende Wirkung des Cortisons mit der Akutwirkung der Antihistaminika. Wermutstropfen dabei: Das wird eventuell teuer. Denn Cortison-Sprays und Antihistaminika sind meistens rezeptfrei, die Krankenkassen zahlen dafür nur noch in schweren Ausnahmefällen.
Wann eine Hyposensibilisierung empfohlen wird
Hinweis: Medikamente mit Cortison sollten nicht ohne ärztliche Erstdiagnose und ohne weitere ärztliche Beobachtung für längere Dauer angewendet werden. Juliane Rieker-Schwienbacher vom Klinikum Stuttgart, erklärt: „Bei zwei Saisons hintereinander mit starker Pollensymptomatik und nicht ausreichendem Ansprechen auf die Anti-Allergie-Therapie, wird eine Hyposensibilisierung empfohlen.“
Coronavirus und Heuschnupfen
Sind Menschen, die an Allergien wie Heuschnupfen leiden, durch das Coronavirus besonders gefährdet? Experten geben Entwarnung.
Alltagstipps und Tricks bei Heuschnupfen
- Die Kleidung beim Betreten der Wohnung wechseln.
- Vor dem Schlafengehen die Haare waschen.
- Eine Nasendusche spült Pollen aus.
- Hilfreich ist auch ein Pollenschutzgitter am Fenster und ein Lüftungsfilter im Auto.
- Sport im Freien bei starkem Pollenflug vermeiden.
- Am stärksten ist die Pollenbelastung in der Stadt am Abend und auf dem Land am Morgen. Eine Empfehlung ist daher auch, über Nacht zu lüften.
- Beim Planen des Urlaubs schlägt Rieker-Schwienbacher vor: „Allergiker sollten sich am Pollenkalender orientieren.“ Wenn zu Hause Hochsaison der allergieauslösenden Pollen ist, kann ein Urlaub gut sein, um zu flüchten. „Vor allem in den Hochgebirgen und am Meer, wo es reichlich pollenarme Luft gibt, können Allergiker durchatmen.“