Der Justizbeamte, der den Haftbefehl eines mutmaßlichen Täters der Messerattacke von Chemnitz widerrechtlich veröffentlicht hat, ist im August in Sachsen vom Staatsdienst suspendiert worden. Der Kehler AfD-Landtagsabgeordnete Stefan Räpple machte dem Mann daraufhin via Nachrichtenagentur dpa ein Job-Angebot: Der Betreffende könne sein Team im Landtag verstärken.

„Inakzeptable Personalpolitik“

In dem Fall ist es bisher beim Angebot geblieben. In anderen Fällen haben Fraktion oder Abgeordnete der AfD bereits Mitarbeiter steuerfinanziert eingestellt, die Grüne, CDU, SPD und FDP für untragbar halten. Die neueste umstrittene Personalie betrifft die Ehefrau des Sängers der früheren Skinhead-Band „Noie Werte“, die ausweislich ihrer „Freunde“-Liste bei  Facebook mit Rechtsextremisten in Kontakt steht. Sie arbeitet  als Parlamentarische Beraterin der AfD-Fraktion.
Die „inakzeptable Personalpolitik“ der AfD mache es notwendig, zu reagieren, sagte Grünen-Fraktionsvize Uli Sckerl am Mittwoch bei der Debatte über einen gemeinsamen Gesetzentwurf von Grünen, CDU, SPD und FDP. Danach sollen Beschäftigte von Abgeordneten, Fraktionen und Landtagsverwaltung künftig ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen müssen. Wenn dieses einen Eintrag wegen einer „Vorsatzstraftat“ enthält und deshalb eine „Gefährdung parlamentarischer Schutzgüter“ zu befürchten ist, soll die Bezahlung des Mitarbeiters aus dem Landesetat „ausgeschlossen“ sein.

Landtag muss „sich verteidigen“

Es dürfe keine Zweifel an der Verfassungstreue der Menschen geben, die im Landtag arbeiten, so Sckerl. Da die AfD Mitarbeiter mit „eindeutigen Mitgliedschaften und Kontakten zu rechtsextremen Gruppierungen“ mitgebracht habe, müssen man nun „in ein Gesetz gießen, was bisher ungeschriebenes Gesetz war“, sagte CDU-Fraktionsvize Nicole Razavi. Der Landtag dürfe nicht zulassen, dass er zur „Finanzierung von Verfassungsfeinden und deren Bestrebungen“ beitrage, hieb Ex-Innenminister Reinhold Gall (SPD) in die gleiche Kerbe. Das Parlament sei das „Herzstück unserer Demokratie“ und müsse sich gegen seine Widersacher „aktiv und selbstbewusst verteidigen“, sagte FDP-Fraktionsvize Timm Kern. Mit Blick auf Räpple fügte er hinzu: „Wer hätte es für möglich gehalten, dass eines Tages ein Abgeordneter dieses Hauses jemandem ein Jobangebot als Belohnung für einen Rechtsbruch machen würde?“

AfD erinnert an „Verwandtenaffäre“

Die AfD versuchte, den Spieß umzudrehen und mit einem eigenen Gesetzentwurf in die Offensive zu kommen. Der Mannheimer AfD-Abgeordnete Rüdiger Klos erinnerte an frühere Verfehlungen anderer Parteien wie die 2013 im bayerischen Landtag aufgedeckte „Verwandtenaffäre“ um CSU-Abgeordnete, die Ehegatten oder Verwandte ersten oder zweiten Grades beschäftigt und aus Steuermitteln bezahlt hatten. Baden-Württemberg solle sich an die in der Folge verschärften bayerischen Regeln anlehnen und solche Beschäftigungsverhältnisse untersagen, forderte Klos.
Auf den Einwand, dass das längst geregelt sei, wies der AfD-Redner darauf hin, dass es noch möglich sei, dass ein Abgeordneter A die Ehefrau des Abgeordneten B einstelle. „So wie bei Meuthen!“, spottete FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Denn als Jörg Meuthen AfD-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag war, soll seine Lebensgefährtin als Mitarbeiterin eines AfD-Abgeordneten beschäftigt gewesen sein.

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Hausordnung bereits neu geregelt

Unabhängig von der Debatte über Änderungen im Fraktions- und Abgeordnetengesetz erhält der Landtag eine neue Hausordnung. Kernstück der überarbeiteten „Allgemeinen Anordnung“ von Präsidentin Muhterem Aras (Grüne) sind abgestufte Zugangsberechtigungen für die Beschäftigten der Fraktionen und Abgeordneten. Uneingeschränktes Zugangsrechts in das Haus des Landtags selbst, etwa um in den Plenarsaal oder Sitzungssäle der Ausschusse zu gelangen, bekommt nur noch, wer sich einer polizeilichen Zuverlässigkeitsüberprüfung unterzieht und dabei als „zuverlässig“ eingestuft wird. Die neue Hausordnung biete einen „angemessenen Schutz“, so Aras. rol