Gegenüber 2013 zugelegt und mit „Jamaika“ eine interessante Machtperspektive – die Grünen gehören zu den überraschenden Gewinnern der Wahl. Die Stimmung bei der Wahlparty am Sonntagabend in Berlin-Neukölln war entsprechend euphorisch. „Wer hätte das gedacht“, rief Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt freudig ins Publikum und spielte damit auf die zuletzt ziemlich mauen Umfragewerte an. Der Zweite im Spitzenduo, Cem Özdemir, sprach gleich ein mögliches Bündnis mit Union und FDP an und versicherte: „Wir wollen unseren Teil der Verantwortung für Deutschland übernehmen.“
Für die Grünen ist damit ein wechselvoller Wahlkampf gerade noch positiv zu Ende gegangen. Hieß das Ziel zunächst zehn Prozent plus X, dann Platz drei, egal wie, so wären viele in der Ökopartei am Ende froh gewesen, das Ergebnis von 2013 (8,4 Prozent) zu halten. Selbst das neue Gesicht im Spitzenpersonal, der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck, hatte den Wahlkampf zuvor noch als zu unentschieden kritisiert. Doch am Ende gelang dem Spitzenduo der schwierige Spagat, einerseits die inzwischen zum großen Teil bürgerliche Klientel zu bedienen, andererseits den linken Flügel nicht zu verprellen.
Das relativ gute Abschneiden bringt die Grünen auch in eine überraschend gute Position gegenüber dem weiteren möglichen Koalitionspartner FDP. Mit ihr könnte es doch Verhandlungen auf Augenhöhe geben. Offen ist allerdings, ob der innerparteiliche Frieden mögliche „Jamaika“-Verhandlungen überdauern wird. Göring-Eckardt sprach von komplizierten Gesprächen, die nun nach der Wahl auf die Partei zukämen. Cem Özdemir nannte als mögliche Knackpunkte einen verbesserten Klimaschutz, den Mut zu mehr Europa und mehr Engagement bei der Integration von Flüchtlingen. Die vom möglichen Partner CSU geforderte Obergrenze für Zuwanderer erwähnte er dabei nicht. Für den Mannheimer Bundestagsabgeordneten vom linken Parteiflügel, Gerhard Schick, ist aber dies ein Grund, warum er für die „Jamaika“-Variante schwarzsieht. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass es am Ende einen Koalitionsvertrag geben wird.“ Entspannter sieht es die Grünen-Spitzenkandidatin in Brandenburg, Annalena Baerbock: Am Ende werde man sehen, was herauskomme.